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Kultur: Halsbrecherisch

Krzysztof Urbanski dirigiert das DSO.

Eine neue Musikergeneration bricht sich Bahn. Als das Deutsche Symphonie-Orchester die philharmonische Bühne betritt, fällt die Jugend auf: Dirigent Krzysztof Urbanski ist 30, Solist Daniel Müller-Schott 36, die meisten Holzbläsersolisten Mitte 20, ein schönes, hoffnungsfrohes Bild. Es übersetzt sich in Klang, in ein blutrot loderndes Feuer, in einen Musizierwillen jenseits von Tarifvertragsroutine. Urbanski, äußerlich eher Teenieschwarm denn in Würde ergrauender Pultlöwe, verschmilzt jugendliche Frische mit Ernsthaftigkeit. Einer Teufelskralle gleich fordert seine Linke: „Orchester, bitte rocken Sie!“ Nichts lieber als das: So wach, so präzise und virtuos wie beim halsbrecherischen Lutoslawski-Konzert spielen die DSOler bei weitem nicht immer – ein Sturm, der gierig jede Trägheit, jedes Musikerphlegma hochwirbelt.

Urbanski protegiert die Literatur seiner Landsleute, und so steht auch Wojciech Kilars symphonische Dichtung „Bergsteigen“ auf dem Programm – eine tonmalerische Überraschung für Analphabeten osteuropäischer Musik. Die hatten sich wohl eher für Daniel Müller-Schott angestellt, der mit Schostakowitschs erstem Cellokonzert und dem unterprobt wirkenden Orchester zunächst warm werden muss: Immer wieder wendet er sich den Instrumentengruppen zu, um Übereinstimmung zu erreichen. Ab dem langsamen Satz atmen alle die gleiche Bitterkeit, Müller-Schotts Suggestivkraft in der Kadenz ist so überragend, dass ein seltener Moment von Stecknadelstille eintritt. Ein Abend voller Erregung: Mögen beide jungen Herren bald wieder vorm DSO stehen.Christian Schmidt

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