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Kultur: Haus der Kulturen der Welt: Vorauseilender Gehorsam

Öffentliche Erregung über Kunst im Stadtraum liegt weit zurück - wie weit, demonstrierte eine Diskussion im Haus der Kulturen der Welt. Den Anlass bildete eines der prominentesten öffentlichen Projekte der vergangenen Jahre: Olaf Metzels Skulptur "Niemandsland", die in Kürze im Park nördlich des Bundesforums im Spreebogen aufgestellt werden soll.

Öffentliche Erregung über Kunst im Stadtraum liegt weit zurück - wie weit, demonstrierte eine Diskussion im Haus der Kulturen der Welt. Den Anlass bildete eines der prominentesten öffentlichen Projekte der vergangenen Jahre: Olaf Metzels Skulptur "Niemandsland", die in Kürze im Park nördlich des Bundesforums im Spreebogen aufgestellt werden soll. Die Entscheidung über die Gestaltung des Parks war bereits Mitte der neunziger Jahre gefallen; der künstlerische Wettbewerb erhielt erst im Nachhinein die Aufgabe, den bereits entschiedenen Entwurf zu "bekunsten".

Daraufhin hatte der gebürtige Berliner Olaf Metzel nicht ohne Zynismus ein meterhohes "Niemandsland" entworfen, das aussieht wie ein überdimensioniertes Wollknäuel. Seine begehbare Skulptur, die als Metapher zur Jahrtausendwende Ideen von Vernetzung aufruft, ist in der Mitte durchschnitten wie das innere eines Kinder-Überraschungseis. Sinnigerweise sollte sich Metzels Remineszenz an die Zeit der Mauer - und an seine eigene Berliner Kindheit, wie er betonte - am äussersten Rand des Bundesparks über der Spree erheben - so weit von der Politik entfernt wie möglich.

Wenn der Profi-Provokateur Metzel auch gehofft hatte, mit dieser Geste die Gemüter ähnlich zu erhitzen wie 1987 bei seinem umstrittenen Beitrag zum Berliner "Skulpturenboulevard" zwischen Kurfürstendamm und Tauentzienstraße, so wurde seine Hoffnung an diesem Abend gründlich enttäuscht: Er rannte bei den übrigen Podiumsteilnehmern offene Türen ein. So recht mochte niemand seine Arbeit angreifen, die von der Jury bei einer Enthaltung akzeptiert worden war: die Vorsitzende des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag, Monika Griefahn nicht, die den demokratischen Entscheidungsprozess unterstrich; Barbara Straka vom Haus am Waldsee nicht, die 1987 schon mit Metzel beim "Skulpturenboulevard" zusammengearbeitet hatte; und auch der einladende Senatsbaudirektor Hans Stimmann nicht.

Tatsächlich war man sich so einig, wie es sich selbst der Künstler nicht hätte wünschen können. Indem sich die öffentliche Diskussion über öffentliche Kunst von selbst erübrigt, spiegelt sie die Zeichen einer Zeit wieder, deren Problem nicht wie 1987 in der fehlenden Akzeptanz der Kunst besteht, sondern in der völligen Gleichgültigkeit ihr gegenüber. Schließlich sei die Kunst heute nicht mehr so angelegt, so Stimmann, "dass die Leuten vor Schreck ihre Einkaufsbeutel fallen lassen."

Knut Ebeling

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