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Kultur: Helden der letzten Tage

sinniert über den Geschichtsboom im Kino Zwei historische Ereignisse haben in den letzten Wochen viel publizistische Aufmerksamkeit erhalten: der Warschauer Aufstand von 1944 und die letzten Tage im Führerbunker. An den Warschauer Aufstand wurde anlässlich seines 60.

sinniert über den Geschichtsboom im Kino Zwei historische Ereignisse haben in den letzten Wochen viel publizistische Aufmerksamkeit erhalten: der Warschauer Aufstand von 1944 und die letzten Tage im Führerbunker. An den Warschauer Aufstand wurde anlässlich seines 60. Jahrestags erinnert; der definitive Film zum Thema ist allerdings noch nicht gedreht. Andrzej Wajda hat den Aufstand mehrmals indirekt behandelt, soweit es die Zensur zuließ. Bis in die Fünfzigerjahre hinein sind die antifaschistischen Widerstandskämpfer selbst als Faschisten denunziert und verfolgt worden, weil sie für ein freies Polen gekämpft hatten, frei nicht nur von deutscher, sondern auch von sowjetischer Besatzung.

Wajda war nie ein Stalinist, umso mehr irritiert es zunächst, dass er in seinem frühen Meisterwerk Asche und Diamant (1958) Partei gegen polnische Nationalisten ergreift. Der Anti-Held Maciek (Zbigniew Cybulski) ermordet im Auftrag seiner Organisation einen kommunistischen Bezirkssekretär und begreift zu spät, dass er für eine schlechte Sache gekämpft hat. Der Film ist politisch ambivalenter, als es eine kurze Inhaltsbeschreibung erahnen lässt. Seinen großen Erfolg in den kapitalistischen Ländern verdankte er dem Hauptdarsteller Cybulski, der damals als der polnische James Dean gefeiert wurde – und mit ihm das Schicksal eines frühen Todes teilt. Dass ein Rebell mit modischer Sonnenbrille einen kommunistischen Staat repräsentieren durfte, verleiht dem Film noch heute eine subversive Note. (Sonntag und Montag im Filmkunsthaus Babylon)

Die letzten Tage im Führerbunker sind derzeit überall im Gespräch, weil in einer Woche Oliver Hirschbiegels „Der Untergang“ Premiere hat. Dessen Aufwand an Stars und historischen Beratern mag neue Maßstäbe setzen, einen Tabubruch leisten sich Hirschbiegel und sein Produzent Bernd Eichinger mit Bruno Ganz als Hitler-Darsteller keineswegs. Seit John Farrows Camp-Klassiker „The Hitler Gang“ (1944) gibt es Filme mit Adolf Hitler als Hauptfigur, die den Jahrhundertverbrecher als ganz normalen Menschen mit ganz normalen Schwächen zeichnen. In Deutschland hat sich zuletzt Christoph Schlingensief des Themas angenommen. 1988 entstand an nur einem Drehtag 100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker , mit einem Budget von 14000 Mark, aber prominenter Besetzung: Udo Kier als Hitler, Alfred Edel als Göring (der nicht Reichskanzler werden kann, weil Hitler eine Frauenquote eingeführt hat), Volker Spengler und Margit Carstensen. Hier war Schlingensief noch ein ernst zu nehmender Provokateur, in der Lage, hemmungslos herumzualbern und dennoch zu verstören. (Sonntag im Delphi)

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