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Kultur: Herz und Schlegel am richtigen Fleck

JAZZ

Nummer 89, McBride steht in dicken Lettern auf dem knallorangen Philadelphia Flyers Eishockey-Shirt geschrieben. Und der Orgelsound aus dem Stadion lässt auch nicht lange auf sich warten. Eishockey wurde auf der Bühne des Berliner Jazzclubs Soultrane trotzdem nicht gespielt. Denn der freundlich dreinschauende Christian McBride , hinter Fanshirt, Base-Ball-Cap und Sonnenbrille versteckt, ist einer der derzeit besten Jazz-Bassisten. Gerade einmal 30 Jahre alt, liest sich seine Diskografie wie das Who-is-who des Jazz der neunziger Jahre. Er ist der Junge. Den lässt er raushängen. Mit fettem Flangersound im Akustikbass grooved er sich mit seiner dreiköpfigen Band die schwarze Seele aus dem Leib. Mal schräg, mal einfühlsam, immer funky, schließlich vereint im „Boogie Woogie Waltz“ von Weather Report, sein Spiel eine Hommage an den Jazz der Siebziger. Ganz anders der Alte in diesem Doppelkonzert. Gary Burton ist der stille Meister Vibraphones, ein wahres Jazz-Urgestein. Sogar eine Haltung der Schlegel ist nach ihm benannt: Die Burtonhaltung. Gary Burton ist doppelt so alt wie McBride und das merkt man auch am Programm. Im Duo mit dem japanischen Pianisten Makoto Ozone spielt er Klassiker aus den Zwanzigern und Dreißigern. Es sind ruhige, bei aller Virtuosität doch romantische Arrangements. Dazu gibt es Klassisches von Ravel, Scarlatti und Gershwin. Burton fliegt mit den Schlegeln über die Klangplatten, seine Hände bewegen sich wie im Zeitraffer und doch entsteht ein warmer, wohliger Sound. Gary Burton hat mit seiner brav gebürsteten Frisur das Charisma des Übervaters. Er hat alles gesehen, alles verstanden, alles gespielt und er legt alles in seine Interpretationen.

Michael Schultheiss

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