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Kultur: Hölle auf Kuba

Roger Willemsens Buch über Guantánamo

Roger Willemsen ist bekannt für unbequeme Stellungnahmen. Mit seinem neuen Buch legt der Journalist den Finger in eine besonders schwärende Wunde: „Hier spricht Guantánamo“ kommt dem Unheimlichen, das sich mit dem Namen des US-Gefangenenlagers auf Kuba verbindet, beängstigend nahe. Für das bei Zweitausendeins erscheinende Buch hat Willemsen fünf ehemalige Häftlinge interviewt. „Dort läuft die Macht Amok“, sagte der Autor gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin. Sein Buch beschreibt physische und psychische Folter, vor allem den herabwürdigende Umgang vieler Wächter mit dem religiösen Empfinden der Inhaftierten, etwa Koranschändungen. Dass während vier Jahren keine deutsche Tageszeitung sich um ein Interview mit einem der Häftlinge bemüht habe, sieht Willemsen als bestürzendes Versäumnis. Insbesondere das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ griff er heftig an. Die Art, wie Guantánamo in der deutschen Presse thematisiert werde, stehe in keinem Verhältnis zu der dortigen Realität. Willemsen äußerte sich auch zum aktuellen Streit über antiislamische Karikaturen und bekannte sich zum unbedingten Respekt vor fremdem Glauben, vor dem auch die Pressefreiheit Halt machen müsse. Ohne Guantánamo mit den Lagern Hitlers und Stalins gleichzusetzen, forderte Willemsen, dass sich eine Faschismusforschung, die über 1945 hinausreichen wolle, auch über die Zustände in Guantánamo Gedanken machen müsse. kjs

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