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Kultur: Homosexualität in der Politik: "Geht es um Wahlkreise, ist die Toleranz weg". Unionspolitiker Wäldner über Normalität und Probleme

Christian-Alexander Wäldner (31) ist Mitglied der Gruppe Lesben und Schwule in der Union (LSU). Glauben Sie, dass Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit von seinem Outing profitiert hat?

Christian-Alexander Wäldner (31) ist Mitglied der Gruppe Lesben und Schwule in der Union (LSU).

Glauben Sie, dass Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit von seinem Outing profitiert hat?

Sein Selbstwertgefühl wird sich gesteigert haben. Er hat sich die Angst vor einem möglichen Zwangsouting genommen.

Ist es denn legitim, dass er auch profitiert hat, indem er Medienauftritte auch in Talkshows bekommen hat, die er sonst vielleicht nicht bekommen hätte?

Schwierig. Er ist in einer solchen Situation und von seinem politischen Rang der erste Politiker, der das in dieser Form gemacht hat. Es musste ihm klar sein, dass er in die Medien kommt. Ich denke aber nicht, dass er sich mit dem Willen geoutet hat, in alle Talkshows zu kommen. Ich wünsche zudem, dass das bald nachlässt.

Warum?

Weil es doch nur um seine sexuelle Neigung geht. Nur darüber wird gesprochen, aber zum Beispiel nicht über einen möglichen Partner - wenn Klaus Wowereit das wollte. Was ich damit meine: Als Schröder sich scheiden ließ, wurde in allen Medien sofort die Frage gestellt, wer ist seine Neue? Warum eigentlich? Es wäre also ein Stück gelebte Normalität, wenn schwule oder lesbische Politiker auch mit ihrem Partner vollkommen normal anerkannt wären. Wie gesagt: Wenn sie es wollen.

Oft wird behauptet, schwul und lesbisch sein sei in der Politik kein Problem mehr, die Gesellschaft sei so tolerant. Stimmt das?

Ja und Nein. Toleranter ist die Gesellschaft sicherlich geworden. Nur wenn Homosexualität angeblich schadet, ist es vorbei mit der Toleranz. Wenn es darum geht, in Wahlkreisen aufgestellt zu werden. Ich habe aus Wahlkreisen in norddeutschen Länderparlamenten schon gehört, dass Kandidaten, wegen ihrer Homosexualität nicht aufgestellt worden sind. Das sind innerhalb der CDU bundesweit Probleme, die wir haben.

Liegt das nur an der Partei oder an der Angst vor dem Wähler?

In erster Linie an den Strukturen der Partei. Für den Kommunalwahlkampf in Hannover hat die CDU zum ersten Mal schwule und lesbische Themen aufgenommen. Dafür mussten wir lange und hart kämpfen.

Ist es schwieriger in der Union schwul oder lesbisch zu sein als in anderen Parteien?

Das ist eine zeitlich begrenzte Frage. Die Grünen haben vor zwanzig Jahren angefangen, die SPD vor zehn. Wir sind einfach noch nicht so weit wie die anderen.

Welche Probleme haben Sie?

Die CDU deckt wertkonservative Wähler ab. Bei vielen älteren Wertkonservativen tendiert die Aufklärung über Homosexualität gegen Null. Viele sind aufgewachsen mit dem alten Paragrafen 175, bei dem Homosexualität strafbar war. Aber mit Angela Merkel haben wir eine Zuhörerin gefunden, die sich auch für unsere Interessen einsetzt.

Franz Müntefering hat schwulen und lesbischen Kollegen im Stern geraten, sich zu outen. Sind solche Appelle hilfreich?

Wenn quer durch die Parteien alle Spitzenpolitiker und Amtsträger aufstehen würden und sich bekennen, wäre das toll. Danach wäre das Thema durch. Aber das ist unrealistisch. Deshalb finde ich den Aufruf Münteferings zwiespältig. Es riecht nach Wahlkampf: Seht her, wir sind so tolerant!

Glauben Sie[dass Berlins Regierender Bürgerm]

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