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Die Hornistin Sarah Willis spielt bei den Berliner Philharmonikern. Auf Kuba hat sie das Projekt „Mozart y Mambo“ gestartet.

© Monika Rittershaus

Hornistin Sarah Willis und ihre Liebe zu Kuba: Mozarts Musik kann man auch tanzen

Drei Alben hat Sarah Willis bereits mit dem Havanna Lyceum Orchestra aufgenommen: Bei „Mozart y Mambo“ verbindet die Hornistin der Berliner Philharmoniker Klassik und lateinamerikanische Rhythmen.

Kein Impuls ist auf dem Schlag. Die Taktschwerpunkte sind nicht zu erkennen. „Rondo alla Rumba“ von Edgar Olivero aus dem Album „La bella Cubana“ beginnt mit den für die kubanische Musik so typischen, „Claves“ genannten Klanghölzern, ehe Klavier und Bass dazukommen. Aber erst, als Sarah Willis einsetzt mit dem auftaktigen Achtelthema aus dem Finale von Wolfgang Amadeus Mozarts Hornkonzert in Es-Dur KV 495, wird die komplexe rhythmische Struktur klarer.

Als „Clave“ bezeichnet man auch den sich wiederholenden Grundrhythmus in der kubanischen Musik. Die Rumba-Clave von „Rondo alla Rumba“, diesem virtuosen Mix aus der Musik Mozarts und kubanischen Tanzrhythmen, ist eine echte Herausforderung für europäische Ohren. „Wenn Du es nicht tanzen kannst, kannst Du es nicht spielen“, sagt Sarah Willis „Und es stimmt tatsächlich: Wenn man einen Mambo tanzt, bekommt man ein anderes Gefühl von der Clave.“ 

„La Bella Cubana“ ist der letzte Teil der Trilogie „Mozart y Mambo“. Mit dem ersten Album landeten Sarah Willis und das Havana Lyceum Orchestra vor drei Jahren direkt auf Platz 1 der deutschen Klassik-Charts. „Auf jedem der drei Alben gibt es puren Mozart, pure kubanische Musik und einen Mix aus beidem“, sagt die Hornistin der Berliner Philharmoniker.

Maxiversion von „Guantanamera“

Das populäre „Guantanamera“, ursprünglich ein Volkslied aus der kubanischen Provinzhauptstadt Guantánamo, bietet in einer von Jorge Aragón arrangierten Acht-Minuten-Version nach einem symphonisch etwas aufgepumptem Beginn viel Raum für Improvisation. Sarah Willis’ Horn klingt hier ein wenig wie eine Posaune – und auch sie steuert neben Violine, Flöte, Klavier und Trompete ein improvisiertes Solo bei. Am Ende wird der Song zur ausgelassenen Party.  

Auf die Idee, die vier Hornkonzerte von Mozart aufzunehmen, kam Willis erst, als sie in Kuba das Havana Lyceum Orchestra erlebte. „Das hatte eine unglaubliche Leichtigkeit!“ Leider ist das Orchester bei der Aufnahme des Es-Dur Konzertes KV 495 nur in den Zwischenspielen gut zu hören. In den Soloabschnitten dominiert das Horn klanglich zu stark. Sarah Willis’ Instrument klingt farbig und gesanglich. Im Andante cantabile zaubert die Musikerin ein ebenmäßiges Legato, um im beschwingten Finale ihr Horn auch immer wieder schmettern zu lassen.

Vier Berliner auf Kuba

Gemeinsam mit den Berliner Kollegen Jonathan Kelly (Oboe), Wenzel Fuchs (Klarinette) und Stefan Schweigert (Fagott) lässt sie eine sinnliche, etwas romantisierte Version der Mozart zugeschriebenen Sinfonia concertante KV 297b entstehen, die im Variationssatz Brillanz, Charme und enorme Spielfreude miteinander vereint.

José White Laffites Hit „La Bella Cubana“ verleihen die vier Mitglieder der Berliner Philharmoniker Noblesse. Das Havana Lyceum Orchestra legt unter der Leitung von José Antonio Méndez Padrón einen weichen Streicherteppich aus. Und sorgt im schnellen Mittelteil für eine tänzerische Note.  

Die Hornistin Sarah Willis mit ihrer Sarahbanda in Havanna.
Die Hornistin Sarah Willis mit ihrer Sarahbanda in Havanna.

© Monika Rittershaus

Eigentlich war Sarah Willis im Jahr 2017 erstmals nach Havanna gekommen, um tanzen zu lernen und für ihre Musiksendung bei der Deutschen Welle „Sarah’s Music“ Einblicke in die kubanische Musikszene zu gewinnen.

Durch eine Horn-Masterclass kam sie mit den Mitgliedern des Havana Lyceum Orchestra zusammen, mit denen bereits Thomas Hengelbrock und sein Balthasar Neumann Ensemble gearbeitet hatte. „Ich wusste nicht, dass es überhaupt Hornisten auf Kuba gibt. Ich war überwältigt, wie gut diese jungen Kubanerinnen und Kubaner auf zum Teil schlechten Instrumenten spielen können.“

Aus der eindrücklichen Begegnung wurde eine intensive Beziehung. Mehrere Male kehrte Sarah Willis nach Kuba zurück – die drei Alben „Mozart y Mambo“ sowie zwei TV-Dokumentationen der Deutschen Welle und eine von Arte erzählen davon. „Das Projekt hat in irgendeiner Weise das Leben aller Musiker verändert, die daran teilgenommen haben, und es hat einen Präzedenzfall für klassische Musik in Kuba geschaffen, der zu mehr internationaler Aufmerksamkeit geführt hat“, sagt Dirigent Padrón.

Und Sarah Willis, die mit „Mozart y Mambo“ Geld sammelt für neue Instrumente auf Kuba, ergänzt: „Wir haben eine große Familie gegründet. Ich habe selbst keine Kinder, aber ich habe 43 Kubanerinnen und Kubaner, die ich liebe. Diese Unterstützung zu spüren, war für mich als Orchesterhornistin unheimlich wichtig. Sie haben mich beflügelt, ich habe mich getraut. Diese Liebe hat dieses Projekt überhaupt erst möglich gemacht.“  

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