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Kultur: Hossianna! Diesmal stellt der ungarische Gitarrist Stücke aus seinem neuen Album vor

Schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn sind Saal und Emporen restlos besetzt, Nachzügler finden nur noch einen Stehplatz. Zwar hat das Weihnachtskonzert von Ferenc Snétberger in der Passionskirche einige Tradition.

Schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn sind Saal und Emporen restlos besetzt, Nachzügler finden nur noch einen Stehplatz. Zwar hat das Weihnachtskonzert von Ferenc Snétberger in der Passionskirche einige Tradition. Doch das Repertoire des ungarischen Gitarristen und dessen musikalische Begleitung überraschen jedesmal aufs Neue. Diesmal stellt Snétberger Stücke aus seinem neuen Album vor, das er mit dem Franz Liszt Kammerorchester aus Budapest eingespielt hat. Neben einem klassischen Orchesterstück für Gitarre finden sich sich da Variationen zu Francisco Tárrega sowie Kompositionen für Gitarre und Trompete. Zunächst sitzt Snétberger allein vor dem Altar, lässt die Saiten in rasanten Tremoli aufglühen und gleitet plötzlich über in sanfte Bossa-Nova-Harmonien. Kaum jemand bringt weltumspannende musikalische Vexierbilder treffender zu Gehör: den aufmüpfigen Soul der Gitanos und Roma, die melodischen Ornamente spanischer Klassik, die widerborstigen Akkorde des Jazz oder die Elastizität brasilianischer Klänge. Als Markus Stockhausen mit Trompeten und Flügelhorn hinzukommt, wandern Lichtstrahlen durch den hohen Raum. Stockhausen setzt die Kontraste zwischen Hell und Dunkel so präzise wie die alten Meister des Chiaroscuro, allerdings ohne Barockmanier. Vielleicht passen seine Hörner deshalb so gut in den etwas strengen protestantischen Kirchenbau. Snétberger und Stockhausen bieten ein außerordentlich dichtes Zusammenspiel. Beide Musiker schwelgen gemeinsam in Sätzen wohlklingender Träume und fordern einander heraus: Zart perlende Saiten-Perkussion untermalt die Luftstöße durch das Blechrohr, bis Stockhausen irgendwann zu einem Daumenklavier greift. Damit erfährt die ungewöhnliche Kombination von Gitarre und Trompete ihre letzte eigenwillige Synthese: Metallplättchen statt Ventile suchen die Nähe zum Saiteninstrument. Ob sowas auch mit einer chinesischen Mundorgel gelingt? Snétberger wird es am Neujahrstag im Kammermusiksaal der Philharmonie versuchen (12 Uhr).

Roman Rhode

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