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Kultur: Im Duett mit der Spottdrossel Zum 70. des Berliner Dichters Eberhard Häfner

Douglas Adams’ Kultroman „Per Anhalter durch die Galaxis“ vereint Irrwitz, Alogik und konventionelle Erzählmuster so, dass noch die größten Absurditäten folgerichtig wirken. Wenn sich eine Atomrakete in einen Pottwal verwandelt, der, während er auf einen Planeten stürzt, über Wahrnehmung und Erkenntnis sinniert, oder ein Supercomputer die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ nach Millionen Jahren mit der Zahl 42 beantwortet, triumphiert das Groteske.

Douglas Adams’ Kultroman „Per Anhalter durch die Galaxis“ vereint Irrwitz, Alogik und konventionelle Erzählmuster so, dass noch die größten Absurditäten folgerichtig wirken. Wenn sich eine Atomrakete in einen Pottwal verwandelt, der, während er auf einen Planeten stürzt, über Wahrnehmung und Erkenntnis sinniert, oder ein Supercomputer die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ nach Millionen Jahren mit der Zahl 42 beantwortet, triumphiert das Groteske.

Was in den Gedichten des Berliner Dichters Eberhard Häfner passiert, ist den Seltsamkeiten bei Adams vergleichbar: Die Raumzeit des Gedichts ist zwar weniger ausgedehnt, fantastische Verrückungen haben in ihr aber einen genuinen Platz: Zeiten, Räume und Träume können so blitzartig durchmessen werden. Etwa in dem Gedicht „Kalter Traum“ aus seinem jüngsten Band „Per Anhalter durch den Verstand“: „Hoch auf dem Rücken, die Sehnsucht / sich als Abdruck hingibt / die Kontur vom schlafenden Engel im Schnee //der Fuhrmann, in dieser Nacht wieder / sternhagelvoll, fährt sein Gespann / hoch zur Milchstraße // rings um den goldenen Nagel/ die Hieroglyphen, suchen nach dem Portal / für ihre Sehnsucht, ein schwarzes Loch, runtergeladen.“

Exemplarisch für viele Häfner-Texte werden hier mehrere Signalketten verknüpft: eine astronomische („sternhagelvoll“, „Milchstraße“, „schwarzes Loch“), eine sexuell konnotierte („Nagel“, „schwarzes Loch“), eine mythologisch-geschichtliche („Engel“, „Hieroglyphen“) und eine computertechnische („Portal“, „runtergeladen“). Das Wort Sehnsucht rahmt in der ersten und letzten Zeile das Geschehen, und auf der Mittelachse („sternhagelvoll“) funkelt doppelbödiger Humor. So entsteht ein Flechtwerk unterschiedlicher Sprachstränge in rätselvoller Verdichtung. Diese für Häfner charakteristische Methode hat durchaus mit seinen früheren Tätigkeiten zu tun. Bis Mitte der achtziger Jahre arbeitete Häfner als Silberschmied, Metallgestalter und Restaurator in Erfurt, bevor er wie so viele Künstler nach Berlin-Prenzlauer Berg übersiedelte. Zunächst publizierte er in Undergroundzeitschriften, nach 1989 trat er mit Künstlerbüchern, Romanen und immer wieder mit Gedichtbänden an die Öffentlichkeit.

Am heutigen Tage wird der mocking bird, wie auf Englisch jene Spottdrossel heißt, die immer wieder seine Gedichte durchschwirrt, siebzig Jahre alt. Da zu seinen Tugenden neben einem scharfen Verstand, außerordentlicher Belesenheit, Neugier auf das Schaffen jüngerer Kollegen auch eine herzöffnende Freundlichkeit und schamanesker Charme gehören, nimmt es nicht wunder, dass viele gratulieren wollen. Peter Geist

Zu Ehren von Eberhard Häfner lesen am Samstag, den 29. Oktober ab 19 Uhr in der Villa Elisabeth (Invalidenstr. 3b) unter anderem die Schriftsteller Volker Braun, Kurt Drawert, Bert Papenfuß, Björn Kuhligk und Steffen Popp. Der Gedichtband „Per Anhalter durch den Verstand“ (100 Seiten, 9,50 €) ist im Münchner Allitera Verlag erschienen.

Peter Geist

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