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Kultur: Im Jahr 2000 sollen Soundscapes von sieben Kontinenten in das "Haus der Kulturen der Welt" übertragen werden

Der Mann ist nicht zu bremsen. Zu DDR-Zeiten unbequemer Mitbegründer der "Gruppe Neue Musik Weimar" und, laut Stasi-Akte, Komponist von Werken, deren "Inhalt und Ausdruck negative oder staatsfeindliche Thematik vermuten lassen", ist Johannes Wallmann seit seiner Übersiedlung in den Westen 1988 mit Großprojekten zwischen Musik und Klangkunst hervorgetreten.

Der Mann ist nicht zu bremsen. Zu DDR-Zeiten unbequemer Mitbegründer der "Gruppe Neue Musik Weimar" und, laut Stasi-Akte, Komponist von Werken, deren "Inhalt und Ausdruck negative oder staatsfeindliche Thematik vermuten lassen", ist Johannes Wallmann seit seiner Übersiedlung in den Westen 1988 mit Großprojekten zwischen Musik und Klangkunst hervorgetreten. Ausgehend von seinem philosophischen Konzept der "Integral Art", das verschiedene Kunstformen, aber auch Kunst und Alltag überhaupt, Musik, Geschichte und Umwelt zu verbinden sucht, entwarf er 1991 ein live-elektronisches Sound-Design für die Wuppertaler Schwebebahn. 1995 folgte das Dresdner "Glockenrequiem" für 129 im Stadtraum vernetzte Kirchenglocken und 1996 die Beschallung eines 850 Meter langen Küstenstreifens auf Helgoland.

Nachdem die Uraufführung seiner Orchesterwerkes "Innenklang" 1997 im Berliner Dom ein Rumpf blieb, dem die aus Kostengründen gestrichene Live-Übertragung Berliner Stadtgeräusche dringend fehlte, greift Wallmann jetzt nach der ganzen Welt. Für 15 Tage sollen im September 2000 Soundscapes von sieben Kontinenten, aus dem Brasilianischen Regenwald und vom Hafen von Kapstadt, von den Niagarafällen und den heißen Quellen in Island, aus Sydney, dem Ural und Tokio ins Berliner "Haus der Kulturen der Welt" übertragen werden und in einer Art akustischen Weltausstellung zugänglich sein. Dazu kommt ein Klang-Environment am Brandenburger Tor aus 29 Berliner Klängen und die Wiederaufführung des "Innenklang" im Dom. Per Satellitenleitung werden die Stimmen von sieben in den weltweiten Soundscapes platzierten Soprane übertragen, die in einer wahrhaft globalen Partitur mit Umweltgeräuschen und Orchesterklängen verschmelzen, was in Tokio wie in Kapstadt zu hören sein wird.

Damit reagiert Wallmann künstlerisch auf die mediale Vernetzung der Welt und setzt genau jenes musikalische Signal, das die Expo2000 so schmerzlich vermissen läßt. Während auf früheren Weltausstellungen Musikprojekte prominent vertreten waren - man denke an Stockhausens Kugelauditorium in Osaka 1970 - kündigt Hannover neben Volker David Kirchners Gilgamesch-Oper einzig Unterwassermusik im Thermalbad von Bad Sulza und Musiktherapie für schwer Hirngeschädigte in Italien an. Mit "Innenklang Außenklang Berlin & international" hilft die Hauptstadt der Expo auf die Sprünge. Beim Künstlerische Beirat des Hauptstadt-Kulturfonds hat Wallmann 2,9 Millionen seines auf 4,6 Millionen Mark kalkulierten Projektes beantragt hat. Heute tagt das Gremium.

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