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Kultur: Immer tiefer in die dunklen Wälder

Spannung, Spott und Splatter: Das Fantasy Filmfest lockt wieder die Fans des Extremen

Ob Monster, Mythen oder Mutationen – das Fantasy Filmfest ist ein Muss für Schockwellenreiter und Fans des Extremen. Nirgendwo sonst paart sich die Lust auf Horror mit diebischem Vergnügen am Banalen. Eine Woche dauert der Trip – vom künftigen Kassenschlager zum Insidertipp, der kaum je ins Kino kommt. Zahlreiche Welturaufführungen locken – etwa „Hypercube“, der Nachfolger des raffiniert minimalistischen „Cube“ von 1998. Wieder sind acht Fremde in einem würfelförmigen Raum voll tödlicher Fallen eingesperrt und suchen verzweifelt den Notausgang - doch nun gilt es, die vierte Dimension auszutricksen.

Besondere Beachtung erfährt dieses Jahr „Wild Bunch". Der junge Weltvertrieb besticht mit anspruchsvoll provokativem Programm zwischen Horror und Thriller. Vom Hightech-Cyber-Thriller „Avalon“ bis zur quirlig-trashigen Geisterjagd in „Bloody Mallory“ reicht die Spannweite der sechs Titel. Auch „Irréversible“ gehört dazu: Der Skandalschocker von Cannes inszeniert eine Vergewaltigung so exzessiv und brutal, dass bei der Premiere Hunderte den Saal verließen.

Ähnliche Tumulte sind bei den Low-Budget-Filmen von „Planet B“ nicht zu erwarten. Die Produktionen aus dem Studio Babelsberg missbrauchen allenfalls Ameisen, um Hausfrauen zu terrorisieren ( „The Antman“) und frönen ihrer Leidenschaft für trashigen Nervenkitzel im Geiste Jack Arnolds. So erwacht in „Detective Lovelorn“ ein Pharao in guten alten Pappkulissen, und die Story bedient wacker alle Hardboiled-Klischees.

Thematisch zielt ein Großteil der Filme in die Abgründe der Psyche. Wobei mancher Regisseur der Faszination des Morbiden selbst fast erliegt. Matthew Brights „Ted Bundy“ etwa, Porträt des berüchtigtsten Serienkillers Amerikas, huldigt geradezu dem Charisma seines Helden. Bright zeichnet ihn als von weiblicher Einfalt umgebenen Jurastudenten – und es scheint, als sei erst dadurch Bundys Killerinstinkt geweckt worden. Die Lust am Blutrausch eint dann vollends den Regisseur und seine Hauptfigur. Nur: Die pure Repetition des Horrors kann ganz schön langweilig sein.

Für Hightech-Spezialisten hat die neue Aufnahmetechnik in „Vidocq“ einiges zu bieten: Sie stellt Vorder- und Hintergrund gleichermaßen scharf dar. Pitof, SFX-Supervisor von „Alien 4“, schloss sich für sein Regiedebüt mit Marc Caro zusammen, der einst „Delicatessen“ entscheidend mitprägte. Fast schwülstig opulent die Ästhetik dieser Fantasy-Orgie: Sie führt ins Paris von 1830, in die seltsam verkramte Wunderwelt des Detektivs Vidocq. Gérard Depardieu spielt den dickleibigen Mann mit Hang fürs Mysteriöse. Ein blutrünstiges Phantom ängstigt die dunkle Stadt. Anstelle eines Gesichts trägt es einen Spiegel, und wer in ihn blickt, ist verloren. Schade nur, dass der Plot des aufwendig fotografierten Werks schwach daherkommt.

Spannend dagegen, wie Neil Marshalls „Dog Soldiers“ durch die Wälder Schottlands stapfen. Die Soldaten, die dort eine mysteriöse Übung absolvieren, werden von regelrechten Luxus-Werwölfen überfallen. Und wo lauert der größte Feind? In den eigenen Reihen. Cristina Moles Kaupp

Bis 21. August im Cinemaxx am Potsdamer Platz. Details zu den über 50 Filmen der Reihe unter www.fantasyfilmfest.com

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