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Kultur: In Zwischenzonen

Aus fünf Jahrzehnten stammen die Zeichnungen, Collagen und Skulpturen der amerikanischen Bildhauerin Louise Nevelson, die die Galerie Seitz aus dem Nachlass der 1988 verstorbenen Künstlerin entleihen konnte. Frühe Aktzeichnungen gehören dazu, die Mitte der dreißiger Jahre entstanden: Damals ging die junge Amerikanerin russischer Abstammung, die zunächst Schauspiel und Tanz studiert hatte, nach Europa.

Aus fünf Jahrzehnten stammen die Zeichnungen, Collagen und Skulpturen der amerikanischen Bildhauerin Louise Nevelson, die die Galerie Seitz aus dem Nachlass der 1988 verstorbenen Künstlerin entleihen konnte. Frühe Aktzeichnungen gehören dazu, die Mitte der dreißiger Jahre entstanden: Damals ging die junge Amerikanerin russischer Abstammung, die zunächst Schauspiel und Tanz studiert hatte, nach Europa. Wie Oskar Schlemmer und Fernand Léger, die an einer neuen Plastizität des Körpers arbeiteten, scheinen auch Nevelsons Akte muskulöser Körper vor innerer Kraft zu bersten.

Seltener noch wurden ihre Collagen ausgestellt, die dem Kubismus und dem Konstruktivismus nahe stehen. Noch mit über achtzig setzte Nevelson diese flächige Verdichtung des Dinglichen fort: Aus Kisten- und Zigarrenholz und Pappen initiierte sie einen Dialog zwischen Fundstück und künstlerischer Setzung. International bekannt wurde sie in den fünfziger Jahren mit Skulpturen, die wie Schreine aufgebaut sind, in denen sie Dinge des Alltags ordnete. Die Neue Nationalgalerie besitzt so ein Werk von 1971. Seitz zeigt zwei späte Assemblagen mit grafischer Qualität: In der einen wird das gebogene Holz eines Schaukelstuhls zu einer schnörkelhaften Zeichnung, die ein Ruderblatt und Reste einer Schale verbindet. In „Silence-Music IV“ zieht eine Übermalung den Raum zwischen den Fragmenten zusammen.

Die Ausstellung hält eine innere Logik zusammen: Sie entspringt dem Moment des Übergangs und der Transformation. Nevelson ließ sich seit den fünfziger Jahren fuhrenweise alte Möbel, abgerissene Geländer, Wandvertäfelungen und Kistenholz liefern. Das Gedrechselte und Gezwirbelte, das aus der modernen Gestaltung des Alltags gerade rausflog, gewann in den Skulpturen die Bedeutung archaischer Fetische. Atelier und Wohnraum waren bei ihr nicht mehr zu trennen. Die Skulpturen wuchsen sich zu großen Environements aus – nicht zuletzt deshalb markiert sie in vielen Museen einen Punkt zwischen Dada und Konzeptkunst. Die Suche der „Architektin des Schattens“, wie sie sich einmal nannte, galt den „in between places“, „places between the land and the sea“. Ihre Assemblagen ziehen die räumliche Welt ganz allmählich zur Fläche zusammen.Katrin Bettina Müller

Galerie Seitz & Partner, Hackesche Höfe, bis 26. Juni; Dienstag bis Freitag 14-18 Uhr, Sonnabend 12-17 Uhr.

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