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Faezeh Azizkhani (links), Niki Karimi.

© DAVIDS/Sven Darmer

Iranische Frauenfilmtage: Nach dem Regen

Iranische Frauenfilmtage in Berlin: eine Begegnung mit den Regisseurinnen Niki Karimi und Faezeh Azizkhani.

Von Andreas Busche

Iranische Regisseurinnen? Man ist nicht zwangsläufig ignorant, wenn man bei der Frage zögert. Der Name Rakhshan Bani Etemads, der großen Filmemacherin des Iran, dürfte noch geläufig sein, auch Shirin Neshat und Samira Makhmalbaf haben mit wunderbaren Werken das Weltkino bereichert. Marjane Satrapi, die Regisseurin von „Persepolis“, arbeitet sogar in Hollywood. Dann wird es schon eng. Vielleicht doch Ignoranz?

Niki Karimi reagiert jedenfalls milde herablassend, wenn man sie auf das Thema anspricht. „Es gibt viele Regisseurinnen im Iran“, erklärt sie kurz. „Möglicherweise liegt der Grund, dass so wenige von ihnen außerhalb des Irans bekannt sind, auch an der Wahrnehmung des Westens.“ Gegen dieses Urteil der Schauspielerin und Regisseurin lässt sich schwerlich etwas einwenden.

Um die Grundversorgung mit iranischem Kino - über die bekannten Namen Abbas Kiarostami, Jafar Panahi oder Bahman Ghobadi hinaus – in Deutschland zu verbessern, organisiert Ehsan Djafari in diesem Jahr erstmals die Iranischen Frauenfilmtage, die noch bis zum morgigen Pfingstmontag stattfinden. Ziel ist es, der mangelnden Wahrnehmung von Filmemacherinnen im Iran Abhilfe zu schaffen. 14 Produktionen versammelt das Programm, die meisten der Regisseurinnen sind nach Berlin gekommen. Sie alle repräsentieren das iranische Kino auf besondere Weise; im Mittelpunkt ihrer Geschichten stehen jedes Mal Frauen.

In den Hauptrollen all dieser Filme: Frauen

Die 1971 geborene Niki Karimi ist in ihrer Heimat ein Star. Seit Ende der achtziger Jahre steht sie vor der Kamera, arbeitete als Regieassistentin für Abbas Kiarostami, saß in zahllosen Jurys (u. a. in Berlin und Cannes) und entschied irgendwann, dass ihr die Schauspielerei nicht mehr genügte. Ihre zweite Regiearbeit „A Few Days Later“ von 2006, in der sie auch die Hauptrolle spielt, ist nun zu sehen, ebenso tritt sie in allen drei Produktionen der feministischen Filmemacherin Tahmineh Milani auf, der ein Sonderprogramm gewidmet ist.

Karimi nennt „A Few Days Later“ das „experimentelle“ Porträt einer Frau, die sich mit einer verlorenen Liebe konfrontiert sieht. Vor allem ist es jedoch die formal rigorose Studie einer Emanzipation, in kühlen Farbtönen und mit einem Minimum an Figurenpsychologie erzählt. Der Film zeigt – nicht als einziger Beitrag des Festivals –, zu welch außergewöhnlicher Bildsprache das iranische Kino fähig ist, wenn der dominante männliche Blick von einer weiblichen Perspektive abgelöst wird.

Die 36-jährige Faezeh Azizkhani entstammt bereits einer anderen Generation. Sie kam ursprünglich von der Videokunst, beherrscht aber auch die Finessen des Erzählkinos. Ihr Debüt „For a Rainy Day“ wechselt leichthändig die Register zwischen dokumentarischer Point-of-View-Form und Fiktion. Eine junge Frau möchte einen Film über ihre Mutter drehen, die sich auf das Sterben vorbereitet. „For a Rainy Day“ lebt vom knorrigen Humor der Mutter, aber auch von der emotionalen Bindung der beiden Frauen, die sich den gesellschaftlichen Restriktionen verweigern, jede auf ihre Weise. Und weil das Kino größer ist als das Leben, sitzt im Film plötzlich ein echter Star (Hedieh Tehrani) im Casting für die Rolle der Mutter.

Für Faezeh Azihkhani ist der Star Niki Karimi ein Vorbild

Ohne die Unterstützung ihres Mentors Abbas Kiarostami, erzählt Azizkhani in Berlin, hätte sie den Film vermutlich nie vollendet. Aber auch Karimi hatte großen Einfluss auf die junge Kollegin. „Vorbilder wie Niki Karimi sind wichtig, weil sie uns ermutigen weiterzumachen“, sagt Azizkhani. „Ich möchte nicht mein Leben lang unabhängige Filme drehen, sondern irgendwann auch professionell arbeiten.“ Worauf Karimi entgegnet, dass es ihr gefalle, wie „eine junge Generation von Filmemachern anfängt, von persönlichen Erfahrungen zu erzählen“. Das iranische Kino brauche diesen Impuls, es bringt in der Praxis mehr, als immer wieder über die Rolle der Frau zu reden. Mehr wollen die beiden zu dem Thema eigentlich nicht sagen. Eins vielleicht noch: Im Iran sei es für jeden schwer, Filme zu machen – auch für Männer.

Man möchte den beiden gerne glauben, dass die Werke, die nun in Berlin laufen, nur die sichtbare Spitze einer Filmproduktion sind, die sich zu Unrecht unterhalb des Radars des Weltkinos befindet. Vor allem möchte man ihre Zuversicht teilen, auch wenn es fast zu schön klingt, um wahr zu sein.
Kino in den Hackeschen Höfen, bis 5. Juni. Infos: www.hoefekino.de

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