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Kultur: Italien wählt: Parole, Parole

Italiens Wahlkampf spitzt sich fast ausschließlich zu auf die beiden Spitzenkandidaten. Durch den Interessenkonflikt Berlusconis und seine vielen Strafprozesse wird die Wahl zu einem Referendum pro oder contra Berlusconi.

Italiens Wahlkampf spitzt sich fast ausschließlich zu auf die beiden Spitzenkandidaten. Durch den Interessenkonflikt Berlusconis und seine vielen Strafprozesse wird die Wahl zu einem Referendum pro oder contra Berlusconi. Doch auch die Programme beider Kandidaten sind unterschiedlich.

Arbeitsplätze: Rutelli will den behutsamen Reformweg der letzten fünf Jahre weiter gehen, Direktinvestitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen sollen steuerlich absetzbar sein. Berlusconi verspricht, in fünf Jahren eineinhalb Millionen Arbeitsplätze zu schaffen. Helfen soll dabei die Verringerung der Steuern für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, größere Flexibilität der Arbeitsverhältnisse und eine Ankurbelung der Konjunktur durch Infrastrukturprojekte.

Wirtschaft und Finanzen: Rutelli will die Staatsquote unter 40 Prozent des Bruttosozialprodukts absenken, Steuererleichterungen besonders für Familien mit Kindern. Der Steuerfreibetrag soll von 12 000 Mark auf bis zu 20 000 Mark jährliches Einkommen angehoben werden, für Familien mit zwei Kindern bis 48 000 Mark. Berlusconi will die Staatsquote auf 33 Prozent senken. Der Steuerfreibetrag soll auf etwa 22 000 Mark angehoben werden, bis zu einem Einkommen von 200 000 Mark soll ein Steuersatz von 23 Prozent gelten, der Spitzensteuersatz soll von 45 auf 33 Prozent gesenkt werden.

Pensionen: Rutelli will kleine Pensionen langsam anheben und die zeitlich gestaffelten Reformen Dinis weiterführen. Berlusconi wirbt mit der Anhebung der Mini-Renten auf monatlich etwa 1000 Mark. Das System soll mit Hilfe privater Vorsorge reformiert werden.

Staatsreformen: Beide Seiten wollen mehr Föderalismus. Rutelli möchte den Senat umformen in eine Art Bundesrat, in dem Repräsentanten der Regionen, Provinzen und Kommunen sitzen. Berlusconi setzt sich für die Direktwahl des Präsidenten ein und will wie Rutelli die Zahl der Abgeordneten verringern. Die Regionen sollen mehr Kompetenzen bekommen.

Einwanderung: Trotz großer Unterschiede in der Intonation unterscheiden sich beide Lager nicht wirklich. Rutelli steht für eine gesteuerte Einwanderung mit Rücksicht auf den Arbeitskräftemangel im Norden und will Abschiebevereinbarungen mit weiteren Ländern schließen. Trotz harter, teilweise ausländerfeindlicher Parolen aus der konservativen Koalition sieht deren Programm legale Einwanderung vor, wer nach sechs Monaten keine legale Beschäftigung vorweisen kann, wird ausgewiesen.

Justiz: Hier sind die größten Unterschiede festzumachen - nicht zuletzt, weil Berlusconi sich von den Staatsanwälten verfolgt sieht. Rutelli will verlässlichere Strafzumessung durch eine Einschränkung der mildernden Tatumstände, dafür aber bei geringen Straftatbeständen auch Alternativen zur Gefängnisstrafe. Prozesse sollen halb so lang dauern: Wenn eine Verurteilung von der zweiten Instanz bestätigt wird, ist der Rechtsweg ausgeschöpft. Berlusconi hingegen will das ganze Straf- und Zivilrecht auf den Prüfstand stellen.

Europa: Die Italiener gehören zu den größten Europafans, deswegen sind hier keine großen Änderungen zu erwarten. Rutelli ist ganz auf der Linie der Vorschläge Schröders, will eine verstärkte Integration, europäische Bürgerrechte und eine Verfassung, während Berlusconi mehr auf die Eigenständigkeit der einzelnen Staaten setzt. Während Rutelli für eine Harmonisierung der Steuern in Europa eintritt, lehnt Berlusconi dies ab.

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