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Kultur: Jede Frau eine Königin

Nach 30 Jahren: Geburtstagsgala mit und für Pina Bausch in Düsseldorf

Von Sandra Luzina

Dieser Freundeskreis kann sich sehen lassen! Denn selbstverständlich sind es alles Freunde oder zumindest Freunde von Freunden, die Pina Bausch zu ihrem Tanzfest eingeladen hat. „3 Wochen mit Pina Bausch“ in Düsseldorf, Essen und Wuppertal: Das ist nicht nur ein stürmisch begrüßtes Heimspiel der Weltreisenden, verspätet wird mit dem Festival auch der 30. Geburtstag ihres Wuppertaler Tanztheaters gefeiert.

1998 hat Pina Bausch schon einmal ein Fest veranstaltet, man zelebrierte damals das Silberjubiläum, und Künstler aus aller Welt trafen sich im Tanzmekka an der Wupper. Zum 30. geht Bausch jetzt noch einen Schritt weiter. Erstmals hat sie – nach Düsseldorf – Tänzern, die nicht ihrer eigenen Compagnie angehören, einige ihrer schönsten Soli anvertraut.

Nun weiß man, dass ein Stück von Pina Bausch eigentlich nie ganz fertig ist und dass es sich immer wieder verändert, schon durch die Umbesetzungen im Ensemble. Aber die Bausch hütet ihren Schatz aufs Eigensinnigste – und lässt so schnell keine fremden Körper ran. Ein einmaliges Experiment also erwartete die einen am Ende eines Abends in der Düsseldorfer Oper, den man durchaus als Gala bezeichnen könnte. Nur passt dieses Wort mit seinem äußerlichen Pomp eben so gar nicht zur Wuppertaler Prinzipalin. Gewiss, es waren lauter illustre Namen, die sich hier versammelten; gewiss, die Starauftritte wurden mehr oder weniger einfach aneinandergereiht. Trotzdem konnten Können, Stil und unterschiedlicher Körperausdruck in einer Ballung bestaunt werden, wie man es wohl selten erlebt.

Ausschnitte aus Choreografien von Bill Forsythe, Mats Ek, Russel Maliphant, Lin Hwai-min und Martin Schläpfer standen auf dem Programm. Damit wurde der Bogen gespannt von kühnen Erneuerern bis hin zu den Jüngern einer unaufhaltsamen Cross- Over-Bewegung, die eine schöne Geläufigkeit propagieren und deren Stilmix längst nicht mehr irritiert. Aber nicht die Choreografen, sondern die Tänzer standen im Mittelpunkt. Und natürlich wurde es ein Abend der Frauen. Ein Königinnentreffen. Die lassen ihre grauen Zöpfe fliegen wie Ana Laguna, tragen schwarz wie die Flamencotänzerin Eva Yerbabuena oder scheinen einer ganz anderen Galaxie entsprungen wie Sylvie Guillem. Die Französin ist zweifellos der hellste Stern am Balletthimmel und tritt hier mit Knieschonern auf, wie eine Sternenkriegerin aus „Star Wars“ (im Trio mit zwei Männern). Atemberaubend sind ihre rasanten Aufschwünge und riskanten Sturzflüge in Maliphants „Broken Fall“. Wie Amazonen wirkten auch Christine Bürkle und Jone San Martin, die in „TheThe“, einer Choreografie von Bill Forsythe und Dana Caspersen, mit Witz und Vehemenz das Fremde im eigenen Körper erkundeten.

Zu dem Gipfeltreffen war auch Vladimir Malakhov aus Berlin angetanzt, dessen Debüt als Bausch-Interpret mit Spannung erwartet wurde. Als Narziss, dabei schön lässig, präsentiert er sich zunächst in Renato Zanellas „Voyage“. Das Bausch-Solo aus „Masurca Fogo“ hat er sich dann wie einen schicken Anzug übergestreift. Ana Laguna hingegen legt ihre ganze Lebenserfahrung in den Tanz. In den Mats-Ek-Stücken begeistert sie durch ihr Ungestüm und eine wilde Komik, die sich um Anmut nicht schert. Wenn die Laguna ein Solo aus Bauschs „Agua“ tanzt, mit wehendem Haar und flatterndem Kleid, scheint sie wie verwandelt und zugleich ganz sie selbst. Sinnlichkeit und Reflexion, Lust und Trauer verbindet sie aufs Schönste. Sie erzählt von einer unstillbaren Sehnsucht, die kein Alter kennt. Mit den jungen Bausch-Tänzerinnen Ditta Miranda Jasjfi und Shantala Shivalingappa kann sie locker mithalten. Aber das ist ja das Schöne an dem Abend: Jede Frau ist hier eine Königin.

Noch bis 23. Oktober, Infos unter: www.pina-bausch.de

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