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Schön streng. Die Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem

© Falk Kulawik

Jesus-Christus-Kirche Berlin: Dach und Bach

Die Dahlemer Jesus-Christus-Kirche ist berühmt für ihre Akustik. Jetzt soll sie saniert werden – mit Hilfe von Benefizkonzerten.

Sie ist ein Meisterwerk der Zwischenkriegsmoderne. Und eine Berühmtheit in der Welt der klassischen Musik. Dabei war 1930, als der Architekt Jürgen Bachmann die Dahlemer Jesus-Christus-Kirche konzipierte, überhaupt nicht abzusehen, dass dieses Gebäude eine außergewöhnliche Akustik haben würde. Äußerst steil ragt das Dach in die Höhe, bis auf 22 Meter, und so eine zugespitzte Form gilt nicht gerade als ideal für die Verbreitung von Schallwellen. Doch als dort die ersten Gottesdienste stattfanden, war die Überraschung groß. So streng die optische Anmutung ist, aufgrund der schwarzen Schieferschindeln und einer Fassade, die allein vom Farbspiel der unterschiedlichen Rottöne des Backsteins lebt, so warm und freundlich entfalten sich die Klänge im Innern. Die deutlichen Worte, die der Dahlemer Gemeindepfarrer Martin Niemöller hier gegen die Unmenschlichkeiten des NS-Systems fand, waren also nicht zu überhören.

Kurz nach dem Krieg, als weite Teile von Berlin in Trümmern lagen, stießen Rias-Redakteure bei der Suche nach einem geeigneten Aufnahme-Saal für das frisch gegründete, sendereigene Orchester auf die Kirche – und beschlossen, hier zwei Tonstudios einzurichten. Die gibt es noch heute, denn schnell wurden auch die Berliner Philharmoniker auf diesen besonderen Ort aufmerksam. In der Idylle von Dahlem entstanden legendäre Aufnahmen wie Karajans „Bohème“ mit Luciano Pavarotti.

Trotz der Dahlem-Lage ist die Gemeinde nicht wohlhabend

Die Liste der Stars, die hier vor dem Mikrofon standen, ist länger als Don Giovannis Sündenregister, gerade erst hat der Pianist Lucas Debargue hier ein neues Album aufgenommen. „Wir haben so viele Anfragen, dass wir aufpassen müssen, dass die Kirche auch noch für ihren eigentlichen Zweck nutzbar bleibt“, sagt Pfarrerin Cornelia Kulawik. Denn die Dahlemer Gemeinde ist überdurchschnittlich aktiv. Dass viele der Gemeindemitglieder außerdem wohlhabend sind, hat für den Etat der Kirche allerdings keine direkten Auswirkungen. Die Zuweisungen nämlich, die von der Landeskirche überwiesen werden, richten sich nicht nach der Höhe der Kirchensteuer, die im jeweiligen Sprengel gezahlt wird, sondern ist pro Kopf überall gleich.

Und weil die 6000-Seelen-Gemeinde weder Flächen noch Immobilien besitzt, aus denen Pacht- oder Mieteinnahmen fließen, sind Pfarrerin Kulawik und ihr Kollege Oliver Dekara gerade mal wieder als Spendensammler gefragt. Weil ihr denkmalgeschütztes Schmuckstück in der Hittorfstraße sanierungsbedürftig ist. Die Metallrahmen der Kirchenfenster sind undicht, über die riesige Dachfläche verpufft die Heizungswärme nahezu ungebremst. Mindestens 1,5 Millionen Euro wird die Verbesserung der Energieeffizienz kosten, nach einer ersten, vorsichtigen Schätzung. Mindestens die Hälfte davon muss die Gemeinde selber aufbringen.

Das erste Benefizkonzert wird vom Feininger-Trio gestaltet

Dafür instrumentalisiert Cornelia Kulawik natürlich auch den guten Ruf ihres Hauses in der Klassikszene – indem sie Benefizkonzerte organisiert. Das erste findet am morgigen Sonntag statt: Der Geiger Christoph Streuli und der Cellist David Riniker, beide Mitglieder der Berliner Philharmoniker, werden zusammen mit dem Pianisten Adrian Oetiker Werke der tschechischen Komponisten Bedbich Smetana, Bohuslaw Martink und Josef Suk spielen.

Dass sie ihr Trio nach Lionel Feininger benannt haben, passt zur Jesus Christus Kirche: Denn der Maler stammte nicht nur aus einer Musikerfamilie, er malte auch häufig Gotteshäuser, und zwar in einer abstrakt-expressionistischen Ästhetik, die der Dahlemer Architektur sehr nahekommt. Sein Atelier hatte Feininger zudem von 1911 bis 1919 ganz in der Nähe, nämlich in der Potsdamer Straße in Zehlendorf.

Wird die Dach-Dämmung die Akustik verändern?

Wolfgang Dix, ein ehemaliger Diplomat, der Pfarrerin Kulawik ehrenamtlich beim Sanierungsprojekt unterstützt, weiß, wie heikel es ist, wenn im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen das Dach angefasst wird. Schließlich sind dessen hölzerne Lamellen der Garant für den exzellenten Raumklang. Wird der sich ändern, wenn darüber eine umweltfreundliche Dämmung eingebracht wird? Derzeit ist Dix in intensiven Gesprächen mit Fachleuten. Die Akustik allerdings ist eine Wissenschaft, die selbst mit modernsten technischen Hilfsmitteln ihr Gelingen nicht vollständig vorausberechnen kann. Letztlich – und hier ist die Jesus-Christus-Kirche natürlich gegenüber einem Profanbau wie der Elbphilharmonie im Vorteil – liegt das Ergebnis allein in Gottes Hand.

Benefizkonzert mit dem Feininger-Trio, 30. September, 19 Uhr. Weitere Infos unter www.kg-dahlem.de

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