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Kultur: Kammermusik im Hangar

landet auf dem Klassik-Flugplatz Ein seltsames Missverhältnis prägt die Klassik-Szene Brandenburgs: Während die festen Institutionen wie das Staatsorchester Frankfurt/Oder und das Staatstheater Cottbus lediglich von regionaler Bedeutung sind, besitzt die sommerliche Festivalkultur in diesem Bundesland ein umso größeres Prestige, ja ist sogar im bundesdeutschen Vergleich vorbildlich. Denn während die Musikfeste in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein kaum mehr sind als große Gemischtwarenläden, haben die Brandenburger Festivals Profil.

landet auf dem Klassik-Flugplatz Ein seltsames Missverhältnis prägt die Klassik-Szene Brandenburgs: Während die festen Institutionen wie das Staatsorchester Frankfurt/Oder und das Staatstheater Cottbus lediglich von regionaler Bedeutung sind, besitzt die sommerliche Festivalkultur in diesem Bundesland ein umso größeres Prestige, ja ist sogar im bundesdeutschen Vergleich vorbildlich. Denn während die Musikfeste in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein kaum mehr sind als große Gemischtwarenläden, haben die Brandenburger Festivals Profil. Bei den Musikfestspielen Potsdam etwa hört man regelmäßig die spannendsten Ensembles der Alten Musik, die Rheinsberger Kammeroper hebt sich mit ihrem Mut zum Raritätenrepertoire wohltuend von den zahllosen Open-Air-Opernfestivals ab, die nur „Carmen“ und „Nabucco“ spielen.

Und seit ein paar Jahren besitzt das Land noch ein drittes außergewöhnliches Festival: Mitten in der Uckermark, eine gute Autostunde nordöstlich von Berlin, hat der Berliner Pianist Markus Groh vor sechs Jahren das Bebersee Festival gegründet, und was einst als zwangloses Kammermusik-Happening einer Hand voll Musiker begann, hat sich inzwischen zu einem Geheimtipp für Kammermusikfreunde aus ganz Deutschland entwickelt. Das liegt einerseits am Konzertort: Der zum Konzertsaal umgebaute alte Hangar auf dem ehemaligen DDR-Militärflugplatz Groß Dölln hat eine einmalige Atmosphäre und wirkt mitten in der Einsamkeit des angeblich dünnstbesiedelten Landstrichs Europas recht skurril. Andererseits wird hier Musik vom Feinsten gemacht.

Unter den Kollegen, die Groh und sein Co-Organisator Claudio Bohórquez diesmal geladen haben, sind der Cellist Adrian Brendel (durch seine Beethoven-Abende mit Vater Alfred auch in Berlin bekannt), die Geigerin Viviane Hagner und der fabelhafte Alexander Lonquich. Die Liste lässt sich noch verlängern: Das Klavierduo Taal & Groethuysen, das Kuss-Quartett und Ulrich Matthes, insgesamt wirken 20 Solisten und Ensembles bei den sieben Konzerten zwischen dem 30.Juli und 7. August mit. Bereits das Eröffnungskonzert am Samstag folgt einer umsichtigen Dramaturgie: Nur Dvoraks Klavierquartett opus 87 gehört zum regulären Kammermusik-Repertoire, Aaron Coplands Klaviertrio „Vitebsk“ von 1929 ist dagegen ebenso eine Rarität wie Leonard Bernsteins „Meditations“, die „Hermit Songs“ von Samuel Barber (die diesen US-amerikanischen Block abrunden) und die Lieder von Sergej Rachmaninow.

Radiohörer können sich von der Bebersee-Qualität überzeugen: Deutschlandradio Kultur sendet am Sonntagabend einen Mitschnitt. Das hat nur einen Haken: Wer vor dem Radio sitzt, verpasst das zweite Konzert, das am Sonntag mit Werken von Fauré, Ravel (Klaviertrio!), Vaughan Williams, Britten, Walten und Turnage eine kluge französisch-britische Kontrastdramaturgie bietet.

Jörg Königsdorf

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