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Modefoto (1958) von Gordon Parks.

© Gordon Parks

C/O Berlin zeigt Gordon Parks: Kämpfer mit der Kamera

Chronist der schwarzen Befreiung: Im Rahmen der Berlin Art Week ehrt C/O Berlin den US-amerikanischen Fotografen und Regisseur Gordon Parks mit einer Ausstellung.

Amerika, so behauptet ein Mythos, ist das Land, das von Siedlern der Wildnis entrissen und urbar gemacht wurde. Ein heiliges Land. Auf Grant Woods Gemälde „American Gothic“, einem zentralen Werk der amerikanischen Kunstgeschichte, stehen ein Farmer und seine Frau vor ihrem neogotischen Holzhaus. Der Mann hält eine Heugabel. Natürlich sind die Farmer weiß. Das Gegenbild, ebenfalls mit dem Titel „American Gothic“ , ist eine Fotografie, auf der eine Putzfrau vor der US-Flagge steht. Sie hält einen Besen und einen Wischmop, und sie ist schwarz. Groß wurde das Land durch weiße Eroberer. Aber irgendwer musste hinter ihnen sauber machen.

Die Aufnahme von 1942, bei der sich Ironie und Kampfeslust mischen, hängt gleich im Eingang der Retrospektive, mit der das Ausstellungshaus C/O Berlin den Fotografen, Filmregisseur und Schriftsteller Gordon Parks ehrt. Parks, der 1912 in Kansas geboren wurde und 2006 in New York starb, war ein Pionier. Seine Reportage „Harlem Gang Leader“ brachte ihm 1948 als erstem Afroamerikaner einen Redakteursjob beim Magazin „Life“ ein. Parks zeigte den angespannt am Fenster rauchenden Bandenchef, Straßenkämpfe, zerschossene Gossenleichen, die an den Polizeifotografen Weegee erinnern.

Die Kamera als Waffe gegen Rassismus

Für Parks war die Kamera ein Instrument der Aufklärung: „Ich sah, dass sie eine Waffe gegen Armut, gegen Rassismus, gegen soziale Ungerechtigkeit aller Art sein könnte.“ Er schleuste Szenen aus dem afroamerikanischen Alltag in den medialen Mainstream. „Ella Watson mit ihren Enkelkindern“ in viel zu engen Wohnräumen, einen Einwanderer mit Ehefrau und neun Kindern als „A Harlem Family“.

Parks wollte sichtbar werden und sichtbar machen. Mit dem Schriftsteller Ralph Ellison visualisierte er dessen Roman „Der unsichtbare Mann“. Ein Schwarzer öffnet einen Gullydeckel und steigt hinab in die Unterwelt: „Ein Mann wird unsichtbar.“ Das Projekt blieb unvollendet, „Life“ druckte nur vier Motive.

Der erste erfolgreiche afroamerikanische Hollywood-Regisseur

Was Ellison erzählt, ist symptomatisch. Der Held wird von den Weißen nicht beachtet und fühlt sich unsichtbar. Wegsehen als Form des Diskriminierung. Im August 1963 ist Parks beim Marsch auf Washington dabei. Martin Luther King, der seine „I have a dream“-Rede hält, zeigt er im Profil, gerahmt vom Stars-and-Stripes-Banner und einem Polizisten. Bei einer Reise durch die Südstaaten dokumentiert er Beispiele der Diskriminierung. Eine „Colored Entrance“-Neonschrift, darunter eine schwarze Mutter und ihre Tochter in feierlichen Reifrockkleidern. Schwarze Kinder an einem Zaun schauen sehnsüchtig in einen Vergnügungspark mit Riesenrad, der Weißen vorbehalten ist. Titel: „Blick von außen nach innen“.

Parks hat Duke Ellington und Muhammad Ali begleitet und den Weg von Malcolm X. und seinen Black Muslims in die Gewalt. Er war aber auch ein erfolgreicher Modefotograf. Für „Vogue“ und „Life“ stellte er Models in iberisch-inspizierten Kleidern vor Velázquez- und Goya-Bilder. Seine eigene Ehefrau postierte er mit Geschenkpaket vor einem Wolkenkratzer. Schließlich stieg Parks zum ersten erfolgreichen afroamerikanischen Regisseur Hollywoods auf. Der Blaxploitation-Krimi „Shaft“ ist sein Vermächtnis. „Who’s the black private dick / That’s a sex machine to all the chicks?“, fragt Isaac Hayes im funky dampfenden Titelsong. Korrekte Antwort: „Shaft!“ Verdammt richtig.

c/o Berlin, Hardenbergstr. 22-24, bis 4. 12., tgl. 11–20 Uhr

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