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Kultur: Kavalier der späten Stunde Andrea Camilleri zum

80. Geburtstag

Achtzig – in diesem Alter lassen sich Schriftsteller gerne feiern, vielleicht veröffentlichen sie Memoiren. Bei Andrea Camilleri steht nicht zu erwarten, dass er sich damit begnügen wird. Schließlich erntet er erst seit vergleichsweise kurzer Zeit die Früchte seiner lebenslangen schriftstellerischen Arbeit. Camilleri ist ein Intellektueller mit vielen Talenten und Interessen: Begonnen hat er mit Lyrik und anderen kleinen literarischen Stücken, seit 1942 arbeitete er als Regisseur, seit Ende der 50er-Jahre lehrte er an Hochschulen Dramaturgie. Daneben hat er immer geschrieben, aber nicht veröffentlicht. Erst spät wagte er sich vor und scheiterte mit seinem ersten Roman „Der Lauf der Dinge“ an einer Vielzahl von Verlagen. Später half ihm der populäre sizilianische Schriftsteller Leonardo Sciascia, immerhin einen auf Sizilien spezialisierten Verlag für seine historischen Romane über die Region zu finden.

Und dann brachte eine Wette den fast siebzigjährigen Andrea Camilleri auf die Idee, sich an einem Kriminalroman zu versuchen. Ohne Werbung verbreitete sich dieses erste Buch in kurzer Zeit weit über Sizilien hinaus. Der späte Erfolg des Andrea Camilleri war dann umso nachhaltiger und größer. Große Auflagen, Übersetzungen in viele Länder und etliche wichtige Literaturpreise. Einmal bekannt, erfuhren auch Camilleris andere Talente öffentliches Interesse, seine historischen Romane wurden jetzt ebenso wie seine Essays gelesen.

Sein größter Erfolg aber bleibt sein Kommissar Montalbano. Auch wenn dessen Name eine Referenz an den berühmten katalanischen Krimischriftsteller Vazquez Montalban ist – Camilleri bewegt sich bewusst in der Tradition Maigrets.

Montalbano ist ein normaler bodenständiger Mann mit Eigenschaften. Auffällig ist seine Liebe zum guten Essen, aber auch seine Bereitschaft, sich beharrlich und sensibel auf die Menschen einzulassen, in deren Mitte ein Verbrechen geschehen ist. Camilleri spielt mit vielen literarischen Verweisen und Anspielungen, ohne dass das seinen Romanen etwas von ihrer unterhaltenden Qualität nimmt. Sie lesen sich vergnüglich, fast schon gemütlich, aber sie sind es nicht. Denn es geht um die sizilianische Gesellschaft, deren Spannungen nicht nur von der Mafia bestimmt sind. Vigàta, die Stadt des Montalbano, gibt es nur in seinen Romanen. Aber Camilleri dürfte viel für ein realistisches Bild vom heutigen Italien getan haben – ohne seinen Lesern die Lust auf das schöne Sizilien zu nehmen, ganz im Gegenteil.

Andrea Fischer

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