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Kultur: Keine sächsische Lösung

Neues CDU-Konzept zur Gedenkstättenförderung

Er wolle keine „sächsische Lösung“ in Berlin, ließ Kultursenator Thomas Flierl im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses verlauten, als es – wieder einmal – um eine angemessene Ausstattung der Gedenkstätten Hohenschönhausen, Marienfelde oder der Mauergedenkstätte Bernauer Straße ging. Die Forderung der Opposition, er solle sich beim Bund stärker um eine vollständige Übernahme dieser und anderer Gedenkstätten von gesamtdeutscher Bedeutung einsetzen, konnte Flierl nur mit müdem Lächeln quittieren. Das seit 1999 gültige Gedenkstättenkonzept des Bundes, da hilft kein Bitten und Betteln, sieht bestenfalls eine hälftige Finanzierung von Bund und Trägerland vor. Erst das für Herbst angekündigte neue Konzept der Bundesregierung könnte das ändern.

Von anderer Seite kommt ein Antrag, der heute im Bundestag beraten und im Anschluss wahrscheinlich in den Kulturausschuss des Bundestags verwiesen werden wird. Die CDU/CSU-Fraktion des Bundestags unter Federführung ihres kulturpolitischen Sprechers Günter Nooke legt einen überarbeiteten Entwurf ihres „Gesamtkonzepts für ein wündiges Gedenken aller Opfer der beiden deutschen Diktaturen“ vor. Es ist ein Entwurf mit Vorgeschichte: Schon Ende Januar sollte über den Antrag im Bundestag beraten werden, doch die Fraktion hatte ihn kurzfristig zurückgezogen. Hintergrund war der Streit um das sächsische Gedenkstättengesetz, auf das sich der erste Antrag ausdrücklich als Vorbild bezogen hatte. Dort war der Versuch unternommen worden, die Gedenkstätten an NS- und SED-Unrecht unter einem Dach zu verbinden – angesichts der Tatsache, dass Orte wie Bautzen, Torgau oder Sachsenhausen nacheinander vom NS- und SED-Regime genutzt worden waren, nicht unvernünftig. Vertreter der verschiedenen Opfergruppen, allen voran Salomon Korn als Vorsitzender des Zentralrats der Juden, hatten hierin jedoch eine Nivellierung des Unterschieds zwischen NS- und SED-Unrecht gewittert und waren im Januar aus der sächsischen Gedenkstättenstiftung ausgetreten.

Der überarbeitete Entwurf der CDU/CSU-Fraktion verzichtet nun auf den Verweis auf das sächsische Gedenkstättengesetz und betont ausdrücklich die Singularität des NS–Mordes an den europäischen Juden. Andere Formulierungen wie die einer „doppelten Vergangenheit“ mancher Gedenkstätten oder eines „Zusammenhangs zwischen den Diktaturen“ jedoch sind stehengeblieben und werden – in der durch Flick und die Topographie des Terrors aufgeheizten Stimmung – garantiert wieder zu Streit führen. Die Diskussion um den angemessenen Umgang mit der deutschen Vergangenheit hat erst begonnen.

Christina Tilmann

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