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Kino:   NEU AUF DVD  

„VIVA – Eine Frau räumt auf“ von Anna Biller Du bist nicht nur hübsch, du hast auch Persönlichkeit. In etwa so geht die Standardanmache, die sich die Frauen in Anna Billers Underground-Erfolg „VIVA – Eine Frau räumt auf“ (Salzgeber) von 2008 anhören dürfen.

„VIVA – Eine Frau räumt auf“

von Anna Biller

Du bist nicht nur hübsch, du hast auch Persönlichkeit. In etwa so geht die Standardanmache, die sich die Frauen in Anna Billers Underground-Erfolg „VIVA – Eine Frau räumt auf“ (Salzgeber) von 2008 anhören dürfen. Persönlichkeit meint vor allem die Bereitschaft, für verlogene Komplimente ins Bett zu steigen. Schließlich ist gerade sexuelle Revolution. Die Regisseurin Biller, die auch für Buch, Design, Kostüme, Schnitt und Produktion verantwortlich ist, spielt die vernachlässigte Vorstadt-Hausfrau Barbie, die sich emanzipieren will, sexuell und auch sonst, und zur Prostituierten Viva wird. Ihre Abenteuer auf dekadenten Parties, in einem Nudistencamp oder bei einem Hintern malenden Künstler zeigen, dass sexuelle Revolution für Barbie nicht heißt, so frei sein zu dürfen, lieber mit einer Frau statt mit all den geiernden Männern ins Bett zu gehen. VIVA spielt in den frühen Siebzigern und ist eine perfekt gemachte Hommage an die Sexploitation-Filme der Zeit. Bonbonbunt, flokatiweich, polyester-glitzernd sind die Interieurs. Die Frauen räkeln sich in pinken Negligés, die Männer lachen übertrieben laut über ihre eigenen Witze und schwärmen von der besten Zeit in ihrem Leben: Willige Frauen, knappe Röcke und so viel Anspruch! Viel nackte Haut gibt es, die Schauspieler holpern – ganz im Stil der Vorbilder – durch ihre Dialoge. Natürlich ist das Trash, aber wer mag, kann eine Menge Subversivität darin entdecken.

„Maradona“ von Emir Kusturica

Ein Fußballgott ist Diego Armando Maradona auf jeden Fall. Einige halten ihn sogar für einen Gott, und er selbst scheint auch daran zu glauben. Emir Kusturica liegt in seiner Dokumentation „Maradona“ (arthaus) von 2008 wenig daran, an diesem Mythos zu kratzen. Beinahe kleinlaut nähert er sich seinem Helden, der begeistert vom irregulären Tor mit „der Hand Gottes“ erzählt. Das sei göttliche Gerechtigkeit gewesen für den Falklandkrieg, den Argentinien gegen England führte. Maradona sieht sich gerne als Kämpfer für die Entrechteten – und er wird als solcher gefeiert, auch wenn seine politischen Ansichten öfter krude sind. Drei Jahre lang hat Kusturica an diesem Film gearbeitet. Nach zwei Jahren gesteht er sich ein, dass er nicht recht weiß, was das alles soll. Wer also Objektivität und Fakten will, muss woanders suchen. Hier gibt es wunderbar kindsköpfige Szenen, etwa als sich Regisseur und Fußballer ein Torschussduell liefern. Es gibt Peinlichkeiten voller Größenwahn von beiden Beteiligten – und es gibt zutiefst anrührende Momente. Einmal singt Maradona an seinem Geburtstag ein Lied über seine Fehler, seine Familie liegt sich in den Armen mit Tränen in den Augen. Alle sind glücklich. Kurz zuvor wäre Maradona fast an einer Überdosis gestorben. Es geht in diesem Film um die Einsamkeit eines Messias, um Massenhysterie, um Fußball als Religion, weniger um Maradona selbst als vielmehr um den Wahnsinn, der dahintersteckt, Maradona, der Geliebte, der Erlöser, gottgleich für viele zu sein.

„Mercenario – Der Gefürchtete“

von Sergio Corbucci

Revolution in Mexiko. In den Silberminen wollen sich die Arbeiter nicht mehr für den Profit anderer zu Tode schuften in Sergio Corbuccis „Mercenario – Der Gefürchtete“ (Koch Media), der 1968 in die Kinos kam. „Mercenario“ ist einer der besten Italo-Western. Die viel zitierte linke Ideologie des Genres ist hier tatsächlich zu erkennen, auch wenn der Kampf der Unterdrückten schon von Beginn an gescheitert ist. Schließlich wird diese Revolution gesteuert von einem Ultra-Kapitalisten. Franco Nero spielt den Polen, einen gebildeten und nobel gekleideten Söldner, der von Paco, dem Mexikaner, fürstlich bezahlt wird, um die Revolution zu führen. Plündernd zieht die Meute durch das Land, der Pole denkt und kassiert, der Mexikaner macht und lässt sich als Befreier feiern. Anders als in seinen zutiefst pessimistischen Meisterwerken „Django“ und „Leichen pflastern seinen Weg“ erzählt Corbucci hier heiter und spöttisch vom Scheitern seiner Figuren. Der Revolutionär tritt seinem Klassenfeind im Clownskostüm zum Duell entgegen, doch das wichtigste Element des Italo-Westerns, das Sterben, will einfach nicht stattfinden. Immer wieder kommt es zum finalen Shootout. Ich habe einen Traum, meint der Revolutionär am Schluss. Ein letztes Mal wird ihm der Pole zurufen: Dann träume! Aber wenigstens mit offenen Augen! Karl Hafner

Karl Hafner

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