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Citylights: Lieder von Gewalt und Tod

Silvia Hallensleben guckt sich zurück in nostalgische Zeiten: Ralf Olsens "Blutiger Freitag" wird am Montag im Central gezeigt - unter Anwesenheit von Ben Becker.

„Bankräuber, das klingt so ordinär, sagen wir lieber Freibeuter“, röhrt Heinz Klett ins Telefon. In romantischer Überhöhung ist er Meister, der böse Bube mit dem biederen Namen, den Raimund Harmstorf als Kreuzung von Erik dem Wikinger mit Che Guevara gibt. Knallhart nach draußen, aber auch innerhalb der Bande, wo er nach K-Gruppen-Manier Herrschaftsstreben mit revolutionären Parolen verbrämt. Klett ist ein entflohener Bankräuber, der mit zwei Kumpels erst „die große Absahne“ und dann „die Düse“ machen will, Karibik und so. Rolf Olsens Blutiger Freitag fasziniert heute vor allem durch bunt ausgemaltes Personal, souveräne Inszenierung und präzises Zeitkolorit. Ein Polizei-Käfer, der den Gangster-Taunus durch blassgraue bayerische Dorfödnis verfolgt, hat schon per se nostalgischen Überschuss. Den eigentlichen Reiz aber macht die sozialrevolutionär aufgeladene Stimmungslage aus, mit dem Kletts Zuarbeiter davon träumen, aus ihrer „Groschenexistenz“ auszubrechen. Das erzählt mehr über die frühen Siebziger als alle Rekonstruktionen späterer Jahre: ein bundesdeutscher Genrefilm, der als Klassiker gelten sollte, von Multitalent Olsen geschrieben und inszeniert, sexuell und sozial explizit und brutal. Montag spät wird „Blutiger Freitag“ unter dem Motto „Ben Becker und das Central präsentieren ...“ ebendort in Anwesenheit des Schauspielers gezeigt.

Anderes Gewicht hat die leibliche Präsenz, wenn Werner Schroeter im Arsenal zur Eröffnung seiner Werkschau zu Gast ist. Kürzlich erst wurde der Außenseiter der deutschen Filmgeschichte mit „Nuit de Chien/Die Nacht“ in den Kulturspalten bedacht. Jetzt sind dreizehn Filme aus vier Jahrzehnten im Arsenal zu sehen. Eröffnet wird morgen mit Poussières d’amour – Abfallprodukte der Liebe von 1996, einem essayistisch angelegten Film, der sich gut als Initiation in den Schroeterschen Kosmos eignet. Schroeter hatte seine Lieblingssänger und -sängerinnen eingeladen in ein Kloster bei Paris. Zwischen Arien von Bizet, Berlioz, Puccini und Wagner spricht man über die Musik, die Liebe und den Tod. Montiert sind die von Elfi Mikesch in warmes Licht getauchten Szenen zu einem eleganten, thematisch dichten Rondo. Die letzte anrührende Geste überlässt Schroeter der 1931 geborenen Sopranistin Anita Cerquetti, die noch einmal im Playback zu Aufnahmen aus den 50ern singt.

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