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Szene aus "BÖDÄLÄ - DANCE THE RHYTHM".

© Real Fiction

Dokumentation: "Bödälä": Tanzstunde

Die zauberhafte Schweizer Dokumentation „Bödälä“ ist ein skurriles, aber nie spöttisches Spektakel über Menschen, die nicht stillhalten wollen und ungewöhnliche Gangarten erproben.

Seit frühester Kindheit sollen wir die Füße stillhalten. Zeitgenossen, die wippen, klopfen, trommeln, empfindet man meist als störend. Regisseurin Gitta Gsell widmet ihre Dokumentation „Bödälä – Dance the Rhythm“ genau diesen Störmanövern – wie sie etwa von Schweizer Fußvirtuosen ausgeführt werden.

Zum traditionellen „Bödelen“ der Innerschweiz gesellt sich irischer Volkstanz, amerikanischer Stepdance oder Flamenco: Von der ersten Minute an entfaltet der Film einen mitreißenden Rhythmus. Tanzen kann man überall: Der Bauer steppt auf dem Trecker, und beim sogenannten Gäuerlen nähert sich der Mann wie ein Gockel der Partnerin und beginnt mit der Balz. Das war lange ein reines Männervergnügen, doch die Zeiten ändern sich – selbst in der Schweiz.

Noch heute gehen die Burschen allerdings mit Kuhglocken beladen dem alten Brauch des Geisteraustreibens nach: Auch hier wird getanzt, und vor allem wird es laut. Einen scharfen Schnitt später stimmt die Ausdruckstänzerin Ania Losinger nachdenklicheres Getrappel an. Ihr Instrument ist der Boden, auf dem sie sich mit höchster Körperbeherrschung bewegt. Wenn es laut und schnell wird, geht die Kamera nah heran und folgt den tanzenden Füßen; in ruhigen Momenten gibt sie den Protagonisten kunstvoll Raum.

„Bödäla – Dance the Rhythm“ ist ein skurriles, aber nie spöttisches Spektakel über Menschen, die nicht stillhalten wollen und ungewöhnliche Gangarten erproben. Dabei helfen die starken, schrägen Szenen über gewisse Längen hinweg: So manches Bild des 78-Minuten-Films nutzt sich ab. Aber wenn sich die Alten an jene Zeit erinnern, als der irische Volkstanz noch ein Sonntagsvergnügen und kein Kampfsport war, wenn die Bauern erzählen, wie sie beim Gäuerlen vor lauter Rage einst das Wirtshaus demolierten, dann lässt sich darin auch eine leise Kritik an der schnelllebigen, leistungsorientierten Moderne ausmachen. Jakob Wais

OmU: Hackesche Höfe, Kant-Kino

Jakob Wais

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