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Festival Interfilm: Berlin auf dem Kurztrip

Auf dem internationalen Kurzfilmfestival gibt es viel zu entdecken. Eine kleine Orientierungshilfe.

Da weiß man gar nicht wo man hingucken soll. Bei fast 500 Filmen an fünf Tagen, 56 verschiedenen Programmen, sieben Wettbewerben und sieben verschiedenen Locations, fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Das Kurzfilmfestival interfilm hat in seinem 28. Jahr wieder einmal große Kracher und kleine Perlen zu bieten. Da können ein paar kleine Tipps eine große Hilfe sein.

Zum Beispiel sollten Sie wissen, dass das Filmevent "Eject" am Freitagabend mindestens Kultstatus hat. Hier wird Film als Kunst gefeiert - und das darf man ruhig wörtlich nehmen. Es wird geraten, Karten im Voraus zu sichern. Das gleiche gilt für den interaktiven Wettbewerb "Viral Video Award", bei dem vorher im Internet abgestimmt wird. Wenn das Publikum das Sagen hat, ist die Stimmung im Saal schon mal super, weiß interfilm-Sprecherin Kristin Brachhaus. Dementsprechend begehrt sind die Plätze.

Auch zur zweiten Vorstellung der "Berlin Beats" am Samstag im Roten Salon empfiehlt es sich, früh da zu sein, verrät Brachhaus. Das Programm mit seinen Musik- und Tanzclips, den lebensnahen Dokumentationen und (real-)satirischen Beiträgen aus und über Berlin ist zwar insgesamt dreimal zu sehen. An diesem Abend aber rechnen die Veranstalter mit einem regelrechten Szenetreffen der Berliner Filmemacher. Wenn die dann noch alle ihre Freunde mitbringen, wird es kuschelig im Salon.

Bei den anderen Vorführungen geht es entspannter zu. "Eine halbe Stunde vor Programmbeginn da zu sein sollte reichen", so Brachhaus. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann am selben Tag im jeweiligen Kino Karten reservieren lassen.

Aber wie sind sie denn nun, die Filme? - Vor allem sehr unterschiedlich. Wer sonst nicht viel mit Kurzfilmen am Hut und Angst vor einem Kulturschock hat, der kann schon mal beruhigt sein. “Rettet den Kurzfilm vor der Kunst” - so lautet das Motto von Festival-Direktor Heinz Hermanns. Dementsprechend ist das, was beim interfilm läuft - bis auf die ausgewiesenen Ausnahmen - großes Kino, nur eben kürzer.

Ein Hauch von Hollywood weht sogar durch das deutsche Wettbewerbs-Programm “Atemlos”. Mit “Gefallen” wagte sich Jung-Regisseur Christoph Schuler an das in Deutschland eher seltene Genre des aktuellen Kriegsdramas heran: Drei heimgekehrte Soldaten trauern um ihren in Afghanistan gefallenen Kameraden. Nicht nur der Stoff, auch die Machart erinnert stark an amerikanische Vorbilder - vielleicht weil die deutschen fehlen?

Auch der Film “Wenn die Kühe Glocken tragen” kommt irgendwie bekannt vor. Da schmachten sich zwei bayerische Bauernbuam beim traditionellen Almabtrieb an und kommen doch nicht zusammen - ein bajuvarisches “Brokeback Mountain”, das mit wenigen Worten aus und dafür mit starken, dokumentarisch anmutenden Bildern daherkommt. Die echte Kulisse für die inszenierte Handlung ist gut gewählt. Sonst wären die verliebten Blicke des Hauptdarstellers im James Dean-Look doch etwas zu viel des Guten.

Erfahrungsgemäß haben die Eröffnungsfilme gute Chancen im Wettbewerb, sagt Pressesprecherin Brachhaus. Da hat die interfilm-Crew bei der Auswahl wohl den richtigen Riecher. Beim Publikum kamen die Filme am Dienstag schon mal sehr gut an. Darunter auch diese drei:

Da wäre zum einen “Julian” (aus dem Programm “Jugendträume” im Internationalen Wettbewerb), eine Komödie, in der der Protagonist auf seine ganz eigenwillige Art für Gerechtigkeit sorgt. “Julian” handelt von der Macht der Informationen und bringt es fertig, dem Film über einen Schuljungen noch in der letzten Sekunde eine politische Dimension zu verleihen. Genau hinhören und zweimal hinschauen schadet da nicht.

Wie die Herren Jäger so voller Inbrunst in ihre “Instrumente” röhren hat etwas herrlich Obszönes: Die Dokumentation über die deutschen Meisterschaften der Hirsch-Imitatoren, die weder aufklärt noch informiert, sehr wohl aber dokumentiert, brachte am Dienstag den Saal zum Johlen. An der Ernsthaftigkeit der Protagonisten besteht kein Zweifel. An der des Filmemachers hingegen schon. Ist das jetzt fies, über das Hobby anderer Leute zu lachen? Das muss wohl jeder für sich entscheiden. An dem Film gibt’s auf dem Festival fast kein Vorbeikommen. Er läuft im Dokfilm-Wettbewerb im Programm “Realität 2.0”, unter der Kategorie “Delikatessen” und bei “Eject”, dem Abend des abwegigen Films.

“Een Bizarre Samenloop van Omstandigheden” - zu deutsch: “Eine seltsame Anhäufung von Zufällen” - läuft unter der Überschrift “Verrückte Geschichten” im internationalen Wettbewerb. Spannend, einfallsreich und witzig wird hier die Geschichte einer gigantischen Katastrophe in Amsterdam erzählt. Ein bisschen zynisch, ein bisschen übertrieben - beste Kurzfilm-Unterhaltung eben. Das britische Pendant dazu heißt “Welcome to Leathermill” und ist im selben Programm zu finden.

Die Tipps für das Programm am Donnerstag im Überblick: 15:00 Uhr, Kino Babylon: “Reality 2.0”, Dokfilm Wettbewerb 18:00 Uhr, Centrum:  “Skurrile Begegnungen”, Fokus Island 18:30 Uhr, Kino Babylon: “Verrückte Geschichten”, Internationaler Wettbewerb 21:00 Uhr, Kino Babylon: “Jugendträume”, Internationaler Wettbewerb 21:00 Uhr, Roter Salon: “Bike Shorts”, Sonderprogramm

Das volle interfilm-Programm finden Sie auf: http://www.interfilm.de/festival2012/home.html

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