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Abgedreht

© ddp

Kino: "Ghostbusters" - mal anders

Was tun, wenn man aus versehen alle VHS-Bänder seiner Videothek löscht? Insolvenz anmelden - oder besser - Filme wie "Ghostbusters" nachdrehen und erzählen, sie kämen aus Schweden. So machen es Jerry und Mike in "Abgedreht", dem neuen Film von Michel Gondry.

Durch einen dummen Zufall löscht der chaotische Jerry (Jack Black) sämtliche Bänder in der VHS-Videothek seines besten Kumpels Mike (Mos Def). Der altmodische Laden von Mr. Fletcher (Danny Glover) steht dadurch vor seinem Aus. Für Ersatzkassetten fehlt schlichtweg das Geld. Doch die beiden Freunde wissen sich zu helfen. Mit einfachsten Mitteln drehen sie die verlorenen Filmschätze ganz einfach nach. Auf diese Weise entstehen bizarre Piratenfilme von "Ghostbusters", "Rush Hour" oder "RoboCop", die in der Nachbarschaft schon bald Kultstatus erlangen.

Michel Gondry, der französische Hoffnungsträger des amerikanischen Independentkinos, hat wieder zugeschlagen. Nach "Human Nature" und "Vergiss mein nicht" präsentiert er mit "Abgedreht" eine weitere höchst absurde Komödie. Und erneut beweist Gondry, dass hinter oberflächlichem Klamauk durchaus ernste Absichten stecken können.

Botschaft: Hollywood hat keine Seele

Immerhin knöpft er sich in seinem neusten Streifen die Filmindustrie vor, die seiner Meinung nach den elementaren Spaß am Filmemachen längst verloren hat. Dazu präsentiert er mit Jerry und Mike zwei hoffnungslose Querköpfe, die in ihrem Hinterhof zeigen, wie man es richtig macht. Anstatt sich mit digitalen Trickeffekten und bombastischen Werbebudgets gegenseitig zu übertrumpfen, drehen sie mit unendlicher Leidenschaft und einfachsten Mitteln die erfolgreichsten Blockbuster der vergangenen Jahre schwungvoll nach. Die Filme werden von ihnen "geschwedet". Der Begriff wird in "Abgedreht" zum geflügelten Wort, da die beiden Videothekare ihren verdutzten Kunden vorgaukeln, dass die Piratenfilme aus Skandinavien stammen würden.

Den beiden Hauptdarstellern Jack Black ("School of Rock") und Mos Def ("16 Blocks") macht es sichtlich Spaß, sich an der Handkamera ordentlich austoben zu dürfen. Viele der nachgestellten Szenen erscheinen frei improvisiert. Und wenn die beiden "King Kong" nachdrehen, darf sich Black sogar selbst auf die Schippe nehmen. Schließlich war er im Remake des Monsterklassikers mit von der Partie.

Besonders die Dreharbeiten der "geschwedeten" Filme sind ein herrlicher Spaß für das Publikum. Dafür entpuppt sich als problematisch, dass "Abgedreht" von Gondry inhaltlich ein wenig überfrachtet wurde. Neben den "geschwedeten" Piratenfilmen spielen ebenso die Biografie von Jazzlegende Fats Waller, ein gigantischer Stromschlag sowie der juristische Rachefeldzug der Filmindustrie gewichtige Rollen. Der Film verliert dadurch ein wenig seine klare Linie. Nichtsdestotrotz entpuppt sich der Abschlussfilm der diesjährigen Berlinale als ein erfrischendes wie hintergründiges Vergnügen, das sich hervorragend in Gondrys bisherigen Werke einreiht.

Oliver Zimmermann[ddp]

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