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Tschirner

© Warner

Kino: Zweiohrküken: Sex mit der Ex

Der anarchische Charme, der die durchaus unalltäglichen "Keinohrhasen" prägte, ist einem meist groben Humor gewichen: Til Schweigers turbulente Beziehungsknatschkomödie "Zweiohrküken".

An dieser Stelle ein ausdrücklicher Dank an Til Schweiger. Seit Jahren verzichtet er auf Vorab-Pressevorführungen seiner Filme, deren morgendliche Terminierung die üblich verdächtigen Feuilletonesen, wie er meint, ohnehin bloß zu schlechtausgeschlafenen Kritiken inspiriert. Stattdessen verführt er sie, wenn sie denn doch seine neuesten Werke in Augenschein nehmen wollen, zu Erlebnissen der ganz besonderen Art.

Etwa zur „Ladies Night“ am Mittwochabend im Berliner Cinemaxx: Selig bejauchzen und beschluchzen Hunderte von blutjungen Frauen Til Schweigers „Zweiohrküken“. Anschließend erscheinen, angekündigt als „kleine Überraschung“, die Hauptdarsteller leibhaftig im Saal, Nora Tschirner schnoddrig gut gelaunt neben einem eher wortkargen Til. Schließlich immerhin schreitet unter zweiohrenbetäubendem Gejohle der superstar himself treppan und wirft eigenhändig ein paar der titelgebenden Stofftiere in die Reihen!

Hach, das war schon was. Ob aber „Zweiohrküken“ demnächst an den Bombenerfolg von „Keinohrhasen“ anknüpft, der über sechs Millionen überwiegend weibliche Zuschauer ins Kino lockte, ja, ob er seinen Vorgänger noch überflügelt? Zwar erzählt der Film als nahezu enzyklopädische Beziehungsknatschstudie mitten aus dem Leben, weshalb sich wohl jedes Paar jeden Alters zumindest filmteilzeitlich mit dem Geschehen identifizieren kann. Doch ist der anarchische Charme, der die durchaus unalltäglichen „Keinohrhasen“ prägte, einem meist groben Humor gewichen. Wenn die Helden nicht gerade schlechte Laune haben.

Und davon gibt es eine ganze Menge. Kindergartenhelfer Ludo (Til Schweiger) und Kindergärtnerin Anna (Nora Tschirner), die sich seit eigenen Kindergartenzeiten kennen, geben diesmal das irgendwie schon aneinander alt gewordene Ehepaar. Ludo ist der liebe, aber faule Macho, der den Müll nicht runterbringt, und die schmalbrüstige Anna zetert sich erfolglos die Lunge aus dem Leibe. Dann taucht Ludos Ex auf, das Busenwunder Marie (Edita Malovcic). Und Annas Ex, der mit einem Gemächt bis zum Knie gesegnete Ralf (Ken Duken). Was folgt? Sex mit der Ex und ex und hopp und alles aus oder doch nicht und so weiter.

Die Höhepunkte aus Sicht der Produktion dürften sich vor allem für die leicht zu beglückenden Temperamente eignen. Ludos Kumpel Moritz (Matthias Schweighöfer), der Flirt-Volltrottel, kämpft etwa arg zeitraubend damit, einen Haufen Scheiße aus der Wohnung seiner Angebeteten zu entsorgen. Til Schweiger geht beim Maskenball als reichlich unvorteilhaft aufgetakelte Gag-Queen und landet mit einem grotesk zugerichteten Heiner Lauterbach im Bett. Und in einer Dessousboutique kommt es zum Zickenkrieg – und zum schier nicht enden wollenden Oberweiten-Showdown.

Bei so viel Klamotten-Klamauk gehen die mitunter fast loriothaft funkelnden Dialoge fast unter, die von unseren trägen, lauernden, grundverlogenen Geschlechterverhältnissen erzählen. Und die romantische Komödie, die „Zweiohrküken“ doch vor allem sein soll, gerät zwischenzeitlich so heftig aus dem Fokus, dass das Happyend nachgerade zum emotionalen Gewaltakt gerät.

Ach ja, noch’n Gag. Einmal fährt Ludo mit seinem alten Mercedes einen Stadtmagazin-Verkaufsstand um, der mit der Schlagzeile „Die 40 nervigsten Kritiker“ wirbt. Wen Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller Til Schweiger damit nur gemeint hat?

In 24 Berliner Kinos

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