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Provinzposse: Wo es abgeht

Trotz Spottlust und Zutaten für eine explosive Mischung aus Drama und Farce: Der Funke in Stephen Frears’ Landposse: "Immer Drama um Tamara" will diesmal nicht zünden.

England, Provinz, Landpomeranzen, Holzfällerhemden und eine halbes Dutzend Hobbyschriftsteller beim Kreativwochenende, das birgt reichlich komisches Potenzial. Und Stephen Frears, Regisseur von „Gefährliche Liebschaften“, „The Queen“ oder zuletzt „Chéri“, kann das ja: Sittenbilder entwerfen, Gesellschaftspossen und Komödien der Eitelkeiten in Szene setzen. Den Briten aufs Maul schauen, das kann er erst recht.

Diesmal aber will der Funke nicht zünden, trotz Spottlust und Zutaten für eine explosive Mischung aus Drama und Farce. Der Plot von „Immer Drama um Tamara“, frei nach der britischen Comicserie „Tamara Drewe“: Erfolgreiche Zeitungskolumnistin (Gemma Arterton) kehrt ins Dorf ihrer Kindheit zurück, um das Farmhaus der verstorbenen Mama zu renovieren. Anders als früher hat Tamara eine wunderhübsch hergerichtete Nase und ganz viel Sexappeal.

Die übrigen Personen: die verschrobenen Bewohner einer Landresidenz für Literaten, deren nicht minder verschrobene Besitzer, Mr. und Mrs. Hardiment (Er geht gern fremd, sie backt ständig Kekse: Roger Allam und, herrlich konsterniert, Tamsin Greig.), Tamaras Jugendliebe Andy (Luke Evans, mit Supermuskelbody) und ihr Lover Ben (Dominic Cooper), Drummer einer Punkband. Bei dessen Anblick brechen zwei Schulmädchen an der Bushaltestelle in hysterisches Fankreischen aus. Wenn die beiden das Geschehen nicht gerade wie eine Art griechischer Chor kommentieren, nur eben aus Teenie-Perspektive.

Ein Schwerenöter, eine betrogene Ehefrau, schmachtende Girlies, klatschsüchtige Nachbarn und ein linkischer Amerikaner, der die Keksbackerin anschwärmt, wenn er nicht gerade an seiner Thomas-Hardy-Biografie verzweifelt. (Selbstironische Anspielung: Auf einem Hardy-Roman basieren die Tamara-Comics.) Das sind lauter schrille Groschenromanfiguren. Für Momente hat man in dieser aufs Bitterböse zielenden Burleske auch seinen Spaß. Zumal sie sich ins Gewand eines heiteren Jahreszeitenreigens kleidet, auch wenn längst nicht alle Protagonisten das Drama um Tamara überleben werden. Den boulevardesken Ton kennt man von Woody Allen.

Aber Frears, der sich sonst so sicher in den Genres bewegt, tappt diesmal recht ungelenk durch die Story. Wer weiß, vielleicht muss man auch einfach nur Brite sein, um sich an seiner Provinzposse ergötzen zu können.

In 10 Berliner Kinos. OmU: Hackesche Höfe, Odeon. OV: Cinestar Sony-Center. Siehe auch: tagesspiegel.de/comics

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