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Rezension: Antoines Fanal

Zunächst glaubt man noch an eine normale Midlife-Crisis. Der erfolgreiche Werbefachmann und liebevolle Familienvater Antoine Méliot (Albert Dupontel) schmeißt von einem Tag auf den anderen sein Leben hin.

Die Kundschaft wird vergrault, die Firmenanteile verkauft und als seine Frau Cécile (Marie-Josée Croze) ihm vorwirft, eine Affäre zu haben, ergreift Antoine die Gelegenheit zu einer Generalabrechnung mit dem ehelichen Alltag. Aber das eigentliche Fanal steht noch bevor. An Antoines Geburtstag hat Cécile den Freundeskreis zu einer Überraschungsparty eingeladen. Antoine nimmt sich einen Gast nach dem anderen vor.

Beruf, Frau, Kinder, Freunde – innerhalb von 48 Stunden hat Antoine in einem wütenden Rundumschlag sein komplettes Leben demontiert. Furios hat der französische Regieveteran Jean Becker („Ein mörderischer Sommer“/„Dialog mit meinem Gärtner“) diese Demontage inszeniert. Zügige Schnittfolgen, in denen der kriselnde Mittvierziger wie ein Untersuchungsobjekt erforscht wird. Albert Dupontel spielt seine Figur als einen Wüterich, der in jedem Moment genau weiß, was er tut. Vieles von dem, was Antoine in seiner Wut sagt, enthält Momente der Wahrheit, in denen eingefahrene Ehe- und Familienstrukturen, oberflächliche Freundschaftsbeziehungen und die ganzen elenden Kompromisse der bürgerlichen Existenz rückhaltlos freigelegt werden. Aber dann verletzt er seine Nächsten derart zielgerichtet, dass er die aufgebauten Sympathien des Publikums wieder verspielt. Antoine ist ein Mensch, der nicht mehr geliebt werden will. Auch nicht vom Publikum. Warum das so ist, das erfährt der Zuschauer erst am Ende einer Reise, die Antoine nach Irland führt, wo sein Vater ein naturverbundenes Leben führt. Auch er ein Flüchtling vor den Würgegriffen der bürgerlichen Existenz. Der Preis für die Flucht ist die vollkommene Entfremdung zum Sohn. Martin Schwickert

Cinemaxx Potsdamer Platz, Kino in der Kulturbrauerei, Neue Kant Kinos, Hackesche Höfe (OmU).

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