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Rezension: Fische im Netz

Nach einem Dokumentarfilm über Hochstapler hat Alexander Adolph mit "So glücklich war ich noch nie" seinen ersten Spielfilm ebenfalls über dieses Milieu gedreht.

Dieser leere, aufmerksame Blick, das ist der Blick des Frank Knöpfel. Als säße da einer schon ewig am Ufer und hielte die Angel rein in den Fluss namens Wirklichkeit. Wehe aber, wenn jemand anbeißt: Dann bekommt sein Blick ein Ziel, und der Körper strafft sich zum Typ mit Statur. Frank Knöpfel spielt: den coolen Banker, den erfolgreichen Immobilienmakler, einen, der sich auch zur Not auf seine Kontakte zur Russenmafia verlassen kann. Frank Knöpfel spielt, das ist seine einzige Chance: jemand anderer sein, und die Fische zappeln im Netz.

Frank ist Hochstapler; keiner von denen, die die Casinos knacken oder die Herzen reicher Industriellengattinnen, sondern eins von den kleineren Lichtern: ein Trickbetrüger, der schon Hunderte von Leuten geprellt und Dutzende von Vorstrafen hat. Gerade wird er wieder aus dem Knast entlassen, und eins seiner Opfer passt ihn an der Pforte ab. Mitfahrgelegenheit gefällig? Und schon liegt Frank mit reichlich Blessuren irgendwo hinterm Busch. Der Fehlstart ins Freie: Er gehört zum Berufs-, ja, Berufungsrisiko eines Mannes, der außer geliehenen Identitäten nichts, aber auch gar nichts hat.

Nach einem Dokumentarfilm über Hochstapler hat Alexander Adolph mit „So glücklich war ich noch nie“ seinen ersten Spielfilm ebenfalls über dieses Milieu gedreht. Über einen, der auszieht, redlich zu werden – und tatsächlich findet Frank (Devid Striesow) Unterschlupf bei seinem redlich-dämlichen Bruder Peter (Jörg Schüttauf), folgt den Forderungen seines Bewährungshelfers und jobbt brav bei „Blitzputz“. Bis er sich in Tanja (Nadja Uhl) verliebt – eine aus einem anderen Milieu, das ebenfalls davon lebt, seiner Kundschaft etwas vorzuspielen.

Die Prostituierte durchschaut den Fintenmacher sofort. Frank ein Geldmann aus Oslo? „Du hast ja ooch nischt!“, zischt sie. Da schaltet Frank erst mal zurück in den Mann mit dem leeren, aufmerksamen Blick. Und alles auf Anfang.

Wie diese zwei einander langsam im Wortsinn entdecken, spröde und zart, und dabei Lügenschicht für Lügenschicht abtragen: Das ist das Schöne an diesem ansonsten eher schlicht inszenierten Film, der die große Leinwand nicht gerade zu suchen scheint und es sich bei seinen Nebenfiguren – der geldgeile Zahnarzt (Thorsten Merten), die gerissene Puffmutter (Elisabeth Trissenaar) – in Klischees gefährlich gemütlich macht. Auch die Hure mit dem großen Herzen und der Gauner mit dem kleinen Glück: Sie wären Klischee, wenn da nicht die immer bezaubernde Nadja Uhl und der in dieser Rolle besonders grandiose Devid Striesow wären. Sie machen, dass man diesen verlorenen Schauspielerchen des Lebens gerne zusieht, bis zum süßbitteren Ende.

„So glücklich war ich noch nie“ preist die Wahrhaftigkeit. Die Moral von der Moritat aber klingt anders nach: Ohne Lügen ist das Leben nicht auszuhalten. Und erst recht nicht, ohne dass man selber an sie glaubt. Jan Schulz-Ojala

Ab Donnerstag in Berlin im Kino.

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