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Superhelden-Komödie: Die Superlausbuben

Angekommen im Mainstream: Michel Gondry und „The Green Hornet“ – mit Christoph Waltz. Der Film leidet an Temposchwankungen und der holprigen Dramaturgie.

Von Jörg Wunder

Das Genre des Superheldenfilms gehört zu den einträglichsten Konzepten der jüngeren Kinogeschichte. Die vorzugsweise auf Comicvorlagen basierenden Filme um maskierte, gepanzerte, mutierte oder sonstwie vom Normalsterblichen abgehobene Selbstjustiziare und Menschheitsretter sind meistens kommerziell extrem erfolgreich: In den USA stehen gleich sechs Superhero Movies auf der Liste der 30 größten Kassenschlager aller Zeiten.

Kreativität hingegen ließen die Blockbustern der letzten Jahre vermissen: Mit Ausnahme von Christopher Nolans Batman-Adaption „The Dark Knight“ und dem ersten „Iron Man“ blieben die immer aufwendiger inszenierten Action- Spektakel hinter den Erwartungen zurück. Spannend wurde das Genre eher an seinen Rändern, etwa wenn Matthew Vaughn in „Kick Ass“ die Wandlung eines halbwüchsigen Nerds zum selbsternannten, dilettantischen Verbrecherschreck auf den blutigen Rachefeldzug eines traumatisierten Ex-Cops und seiner 12-jährigen Ninja-Tochter prallen ließ.

Vergleichbar abwegig ist die Ausgangslage bei „The Green Hornet“, Michel Gondrys Kino-Remake der gleichnamigen, in Deutschland wenig bekannten US-Fernsehserie der Sechziger: Millionärssöhnchen Britt Reid (Seth Rogen) ist ein verwöhnter Taugenichts. Statt seinem strengen Vater, Besitzer eines Zeitungsimperiums, ein tugendhafter Nachfolger zu sein, führt er ein dekadentes Lotterleben und lässt sich in der Stretchlimo zu Jetset-Partys kutschieren. Nach dem Ableben seines Altvorderen hat er nichts Besseres im Sinn, als gemeinsam mit Adlatus Kato (Jay Chou) der Grabstatue des Vaters den Kopf abzuflexen.

Der Adrenalinkick des nächtlichen Lausbubenstreichs, bei dem die beiden eher zufällig einen Raubüberfall vereiteln, führt zur Heldengenese: Ausgestattet mit Zorro-Masken und dem raketenwerfenden, reifenschlitzenden Superauto „Black Beauty“ mischen Reid als „Green Hornet“ und das kampfsporterprobte Technikgenie Kato als namenloser Sidekick die Unterwelt von Los Angeles auf. Natürlich stören die wirrköpfigen Aktionen des ungleichen Duos bald die Kreise des eitlen Gangsterbosses Chudnofsky (Christoph Waltz), der sich persönlich um die Eliminierung der kostümierten Nervensägen kümmern will.

Die erste Big-Budget-Produktion des französischen Regisseurs bezieht ihren Reiz aus der Brechung des Superhelden- Genres: „Green Hornet“ ist ein tollpatschiger Trottel mit der geistig-moralischen Reife eines Sechzehnjährigen, dessen aufmüpfiger Partner ihm permanent aus der Not retten muss. Rogen und Chou werfen sich mit sichtbarem Spaß noch in die albernsten Kampfchoreografien. Ihr täppisches Buhlen um das gemeinsame „Love Interest“, Reids zickige Sekretärin (Cameron Diaz), betont die sublimierten homoerotischen Schwingungen ihrer Jungsfreundschaft und karikiert ein gängiges Motiv der Superhelden-Rezeption.

Bleibt die Frage, wieviel von Michel Gondrys Ideen in den Mühlen des Blockbuster-Drehs übrig geblieben ist. Zumindest in unkonventionell montierten Flashbacks oder der slapstickhaften Prügelei zwischen Kato und Reid, bei der dessen Junggesellen-Luxusvilla zerlegt wird, spürt man den anarchistischen Impetus, der Gondrys Independent-Filme „The Science of Sleep“ und „Be Kind Rewind“ antrieb. Mindestens ebenso großen Einfluss auf den fertigen Film kann man aber wohl Seth Rogen zuschreiben. Der ist nicht nur Hauptdarsteller, sondern auch Mitverfasser des Drehbuchs und trat bislang eher in Komödien wie „Superbad“ oder „Beim ersten Mal“ auf, die ihren Witz aus der Alltagsuntauglichkeit der amerikanischen Nerd-Kultur schlagen.

Manchmal vermisst man eine stärkere Fokussierung. So leidet „The Green Hornet“ an Temposchwankungen und der holprigen Dramaturgie und ist weder so witzig noch so herrlich inkorrekt wie „Kick Ass“. Spaß macht der Film dennoch: Es gibt originelle Zerstörungsorgien, Verfolgungsjagden und Todesarten. Und mit Christoph Waltz einen hinreißend verdorbenen Schurken, der sich in der deutschen Fassung einen bizarren osteuropäisch-wienerischen Akzent ansynchronisiert hat. Allerdings könnte einem sein manieristisches Virtuosentum bald auf die Nerven gehen, sollte er sich auf die Rolle als Hollywoods durchgeknallter Bösewicht festschreiben lassen.

Überflüssig wirkt die nachträgliche 3-D-Konvertierung des fertigen Films: Nur in wenigen Actionszenen, einer furiosen Split-Screen-Sequenz und dem Abspann ist die Räumlichkeit gewinnbringend, ansonsten nerven partielle Unschärfe, zu dunkle Farben an den Bildrändern und das Gefummel mit den Brillen – vom höheren Preis ganz abgesehen.

In 20 Berliner Kinos, OV im CineStar Sony Center, Moviemento und Rollberg

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