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Klassik: Carnegie-Hall-Debüt zum Finale

Das Gewandhausorchester Leipzig und Kapellmeister Riccardo Chailly haben zum Abschluss ihrer ersten gemeinsamen USA-Tournee in der Carnegie Hall in New York debütiert.

New York/Leipzig - Im ausverkauften Haus (2804 Plätze) saßen unter anderem Schauspieler Bruce Willis, Dirigent Fabio Luisi und die japanische Sopranistin Tomoko Masur, Ehefrau von Ex-Gewandhauskapellmeister Kurt Masur. "Nach der ersten Konzertreise mit Riccardo Chailly durch Europa haben wir nicht gedacht, diesen Erfolg noch zu toppen. Doch Amerika hat uns eines Besseren belehrt", sagte Gewandhausdirektor Andreas Schulz am Mittwoch in New York. Die 120 Musiker gaben in den Vereinigten Staaten neun Konzerte, eines wurde wegen Schneesturms kurzfristig abgesagt. Insgesamt besuchten rund 15.000 Menschen die Aufführungen. Im Schlepptau waren Vertreter von Wirtschaft, Politik und Universität, die für Leipzig als "city with no limits" warben.

Mokierten sich manche amerikanische Feuilletonisten anfangs noch, dass Chailly von Amsterdam in die "ostdeutsche Provinz" wechselte, wurden auch sie mit dieser Tournee eines Besseren belehrt. "Alles war, in einem Wort, großartig", schrieb die "Washington Post". Und die "Chicago Tribune" jubilierte: "Die vielen exzellenten jungen Musiker, die sich in ihre Instrumente knien, auf ihren Stühlen krümmen und begierig Chaillys athletischen Anfeuerungen folgen, machen Musik aus Fleisch und Blut sichtbar." Der Vorstandsvorsitzende der veranstaltenden Konzertagentur CAMI, Ronald Wilford, sagte: "Seit Herbert von Karajan habe ich nicht so brillante Streicher gehört. Und das will etwas heißen."

Jugendlicher Charme

Der jugendliche Charme des Orchesters blieb auch dem Publikum nicht verborgen. "Was ist denn bloß passiert? Das letzte Mal kamen mir die Musiker viel älter vor", sagte eine aus Deutschland emigrierte Dame in New York. In der Tat verjüngte sich das Orchester in den zurückliegenden Jahren, der Altersdurchschnitt liegt derzeit bei 43 Jahren. Nach der Pause sagte sie anerkennend: "Aber das Optische täuscht. Sie klingen immer noch so herrlich dunkel, fast wie Zartbitterschokolade."

Viel entscheidender war jedoch, dass Chailly und das Orchester mit jedem Konzert mehr zu einer Einheit verschmolzen. Chailly probte mit den Musikern emsig, zeigte sich aber sichtlich berührt vom Johlen des New Yorker Publikums und hatte zum Schluss Tränen in den Augen. "Ja, es war wirklich fantastisch. Wir haben alles gegeben, ohne Reserven. Das spürt das Publikum", sagte Chailly.

Erkältung und Fieber getrotzt

Der 54-Jährige macht seinem Ruf als "brodelnder Vulkan" alle Ehre - ob auf kleineren Bühnen wie Storrs und Schenectady mit eher unbedarftem Publikum oder dem anspruchsvollen Boston, Chicago, Philadelphia und New York. Und dies, obwohl der Maestro und zwei Dutzend andere Musiker mit Erkältung und Fieber kämpften. "Es ist schön zu sehen, wie auf einer Reise wie unserer ein Stück wachsen, gedeihen und reifen kann", kommentierte Orchestervorstand Heiner Stolle.

Chailly, dem unter anderem vom Chicago Symphony Orchestra Avancen gemacht wurden, sagte: "Die Arbeit mit dem Orchester in Leipzig macht mir große Freude, es ist alles fantastisch angelaufen und wir haben noch viel vor. Die Musiker engagieren sich zu 100 Prozent, wir werden unseren Weg gemeinsam fortsetzen." Die nächste USA-Tournee für 2010 wurde bereits in New York grob geplant und soll das älteste Sinfonieorchester Deutschlands an die Westküste mit Stationen unter anderem in San Francisco, Los Angeles und New York führen. (tso/dpa)

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