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Betrand Chamayou

© Marco Borggreve / Erato

Klassik-CD  der Woche: Bertrand Chamayou im Zwiegespräch mit Schubert

Gedankenreise ins Wien des 19. Jahrhunderts: Auf seinem neuen Album versucht sich der Pianist Bertrand Chamayou ein Klangbild von den legendären Schubertiaden zu machen, bei denen Franz Schubert mit Künstlerfreunden musizierte.

Bertrand Chamayou war schon immer anders als seine Altersgenossen: „In meiner Jugend zog mich alles Komplexe magisch an“, schreibt er im Booklet seines Debütalbums. Die „Wanderer-Fantasie“ beispielsweise war das erste Stück Franz Schuberts, das er als Kind hörte. Um diese „brillanteste, irdischste, ganz einfach gehaltvollste Partitur ihres Schöpfers“ baut der 1981 in Toulouse geborene Pianist sein Album auf. Eine imaginäre Schubertiade hat er sich konstruiert, in der Werkzusammenstellung frei erfunden, aber nahe am Geist der legendären Wiener Künstlerabende.

Als Vorhang zu seinem Gedankenspiel dienen Chamayou drei Transkriptionen Schubert’scher Lieder von Franz Liszt. Freie Nachschöpfungen sind das, vollgriffig ausgeschmückt, romantisch weitergedacht. Mit dem Kuppelwieser-Walzer wiederum beschließt der Franzose dieses Konzert im Kopf: Nur in der Spielpraxis war das klingende Hochzeitsgeschenk Schuberts an einen Freund von Generation zu Generation überliefert worden, bis es Richard Strauss 1943 schließlich aufschrieb, versehen mit einer eigenen Note. Zwischen den beiden Liebeserklärungen der Nachgeborenen an Schubert schlägt Chamayou den Bogen der Originalkompositionen von kleinen Ländlern bis zu den späten Klavierstücken D 946. So ernst, wie der junge Pianist vom Cover guckt, ist auch sein Spiel: Den schlichten Stücken schenkt er ebenso viel Aufmerksamkeit wie den Meisterwerken, seine Virtuosität steht ausschließlich im Dienst der künstlerischen Integrität. Sehr persönlich, sehr plastisch zeichnet er den Widerstreit der Seelenzustände, den verzweifelten Lebenswillen in den späten Charakterstücken nach. Und vor seinem Lieblingsstück, der „Wanderer-Fantasie“, erstarrt er nicht in Ehrfurcht, sondern wird im Gegenteil zum engagierten Erzähler eines mitreißenden Stationendramas.

Bertrand Chamayou
Bertrand Chamayou

© Erato

Am 29. März wird Bertrand Chamayou live in Berlin zu erleben sein, mit dem Deutschen Symphonie-Orchester spielt er in der Philharmonie. Dabei steht auch eine Repertoire-Rarität auf dem Programm, die seiner Vorliebe fürs Komplexe entgegenkommt: die kunstvoll konstruierten „Symphonischen Variationen“ seines Landsmannes César Franck aus dem Jahr 1885.

Chamayous Schubert-Album ist bei Erato erschienen.

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