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Kultur: Klingelbeutel

Offenbart sich Gott per Handy? Offenbar glauben das viele Menschen.

Offenbart sich Gott per Handy? Offenbar glauben das viele Menschen. Sie stellen selbst in der Kirche ihr Gerät nicht ab und hoffen, dass ihr heiliger Dienst prompt und durch einen Rückruf belohnt oder nun gar heiliger Pfingstgeist per SMS ausgegossen wird. Im Gotteshaus der spanischen Stadt Morairan dagegen kann Gott nicht anrufen. Die Gemeinde hat dort keinen Empfang mehr, seit Pfarrer Francisco Llopis einen Störsender installieren ließ. Der Gottesdiener hatte es satt: Zu oft klingelte es während der Predigt - und immer waren nur Irdische dran. So tat der Pfarrer gut daran, das schwierige Geschäft der Bibelverkündung nicht länger durch weltliche Belange beeinträchtigen zu lassen. Doch für die Gläubigen von Morairan könnte es jetzt womöglich schlimmer kommen.

Auch der mittelalterliche Philosoph Thomas von Aquin hätte wahrscheinlich Einwände gegen die Aktion des Pfarrers. Für ihn war Gott der Grund für jedes Leben, jede Bewegung. Gott selbst aber musste unbewegt sein, denn sonst wäre auch er Teil des profanen Lebens. Natürlich lag er nicht einfach da wie ein Stein, denn Gott brachte ja in seiner göttlichen Unbewegtheit einiges zustande, wie zum Beispiel die Erschaffung der Welt. Thomas von Aquin nannte Gott damals ehrfürchtig den "unbewegten Beweger". Braucht so jemand ein Handy?

Er selbst vielleicht nicht. Aber alle Irdischen. Denn aus der Perspektive eines "unbewegten Bewegers" dreht sich die Erdbevölkerung auf ihrem kleinen Planeten unaufhörlich unter ihm weg, so dass sie ständig unterwegs und eben nur mobil zu erreichen ist. Selbst in stiller Andacht, selbst auf einer Kirchenbank. Da kann es einem schon heiß-kalt den Rücken herunterlaufen, wenn es auf dem Handy-Display heißt: "Ein Anruf in Abwesenheit. Teilnehmer unbekannt."

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