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Kultur: Kochen gegen Rechts: Pomp, Duck und Antifa

Das Unangenehme an Demonstrationen ist, dass man sie nicht daheim abhalten kann. Man muss sich Wind und Wetter aussetzen, auch mal eine Konfrontation mit der Polizei riskieren.

Das Unangenehme an Demonstrationen ist, dass man sie nicht daheim abhalten kann. Man muss sich Wind und Wetter aussetzen, auch mal eine Konfrontation mit der Polizei riskieren. Wie viel schöner wäre es, wenn man morgens aufwachen und sagen könnte: Heute bleibe ich im Bett und demonstriere gegen die Globalisierung! Wenn das zehn Millionen Menschen auf einmal täten, wäre es eine machtvolle Demo, die - im Gegensatz zu Genua - keine Opfer kosten, aber auch nicht so viel Spaß machen würde. Denn allein demonstrieren ist so befriedigend wie Solo-Sex: besser als nichts, doch nicht das Wahre. Das Gleiche gilt für den Aufstand der Anständigen: der macht nur Spaß, wenn man mit vielen Gleichgesinnten "Nazis raus!" rufen, zugleich aber sicher sein kann, dass keine mit von der Partie sind. Manchen Anständigen freilich sind solche Demo-Formen zu wenig exklusiv. Andererseits möchten sie sich am antifaschistischen Aufschwung beteiligen, ihren Ekel vor dem Nazi-Pack auf stilvolle Art zeigen. Heute haben sie dazu Gelegenheit. 60 Restaurants in der ganzen Republik machen mit bei der Aktion Kochen für ein weltoffenes Deutschland. In Berlin sind es fünf Lokale der kulinarischen Oberklasse, die gegen Rechts alle Löffel mobilisieren. In einem Lokal kostet ein Menü 80 Mark, in einem anderen muss man für Spezialitäten von fünf Kontinenten 150 Mark bezahlen, Weine inklusive. Die Hälfte des Erlöses geht an den Verein GesichtZeigen!, den die Bundesregierung ins Leben gerufen hat, um Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu bekämpfen. So macht das Demonstrieren Spaß, man ist nicht daheim und doch nicht an der rauhen Luft, und wenn die Rechnung kommt, kann man sagen: Den Nazis haben wir es aber gegeben! Sollen die es noch mal wagen, mit ihren Bratwürsten die Luft zu verpesten!

Was aber passiert, wenn, wie bei jeder Demo, etwas schief geht? Wenn die Entenbrust gebraten, an Lavendelsauce und Kartoffel-Apfel-Gratin, nicht so zartrosa ausfällt, wie sie sollte? Wird dann die Demo für ungültig erklärt? Bekommen die Teilnehmer ihr Geld zurück? Werden die Köche zur Strafe nach Guben und Wurzen versetzt? Spätestens bei Erdbeersüppchen mit hausgemachtem Vanilleeis zum Dessert wird man wissen, wie erfolgreich Kochen gegen Rechts war. Außerdem: Die nächste Antifa-Kampagne ist schon im Anmarsch. Der Autoverleiher Sixt rollt vorneweg: "Unsere Aktion gegen rechts: links fahren." Teilnehmen dürfen alle, die eine Limousine von einem Coupé unterscheiden können. Wer demnächst auf der Überholspur mit 200 km / h erwischt wird, muss nur sagen "Ich fahre gegen Rechts" - und schon hat er sich als mobiler Antifaschist auf hohem Niveau ausgewiesen.

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