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Kultur: Kopfball (30)

Dass Sie dies hier lesen, kann viele Gründe haben. Ein Schluss ist jedoch unausweichlich: Sie haben noch nicht genug vom Fußball und der WM.

Dass Sie dies hier lesen, kann viele Gründe haben. Ein Schluss ist jedoch unausweichlich: Sie haben noch nicht genug vom Fußball und der WM. Das ist merkwürdig. Denn wohl noch nie ist ein Sportereignis so tief in den hiesigen Alltag eingedrungen, und das, obwohl es doch in der Realität so weit weg ist wie nie. Inzwischen, das lässt sich wohl ohne statistische Erhebungen sagen, sind alle Metaphern strapaziert, alle Wortspiele gespielt, alle Politiker auf ihren Tabellenrang eingeordnet, alle Parallelen zur bildungspolitischen Diskussion gezogen - und wir stellen fest, dass man Fußball zwar nicht essen kann, aber doch immer noch Appetit entwickelt. Und das liegt nicht nur an den sparsam dosierten Toren.

Dass das öffentliche Leben dieser Tage so innig durchwirkt wird vom Fußball, hängt natürlich – neben den verblüffenden deutschen Erfolgen – vor allem zusammen mit der seltsamen Tageszeit der Übertragungen. Nicht in der Nacht, wenn nur eisenharte Anhänger den Wecker stellen, nicht wie sonst in Europa nach Feierabend, wenn das gewohnte Bier-und-Chips-Ritual die Unterscheidung zwischen Fans und Zaungästen verschwimmen lässt. Sondern: Mitten am Tag, mitten drin zwischen Frühstück und Nachmittagskaffee, als Teil des Alltags. Ob dadurch die vorher beschworenen Milliardenverluste eingetreten sind? Keine Ahnung. Es scheint eher, als habe sich die Arbeit um den Fußball herumgewickelt, sich den neuen Terminen angepasst wie eine Luftmatratze dem Rückgrat. Raten uns die Politiker nicht unentwegt zur Flexibilität ?

Für uns in den Redaktion ist das gut. Das frische Resultat passt immer gerade in die Sonderausgabe, muss nicht nachts von müden Redakteuren nachgeschoben werden, später ist sogar noch Zeit für Autokorsos und andere Kicker-Folklore. Die Wirkung ist verblüffend: Selbst die letzten Hardcore-Fußballmuffel finden inzwischen Gefallen, wenn nicht an den Toren, so doch an den Folgen auf die Arbeit. Es gibt, stellen sie fest, kein Naturgesetz, das eine Zeitung immer erst abends um sechs fertig werden lässt... Genug der Interna. Aber nach der WM werden viele Dinge nicht mehr sein, was sie waren. Jetzt ist, wie die Herren Oliver Kahn und Gerhard Schröder sagen würden, alles möglich. Und zwar nach dem Finale!

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