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Kultur: Künstlerfreunde

Heute erinnert in Dresden nichts mehr an die Sammlerin Ida Bienert, in deren Salon einst die Größen der Klassischen Moderne dicht gereiht hingen. 1905 kaufte sie ihren ersten Picasso, unterstützte Paul Klee und holte El Lissitzky zur Internationalen Kunstausstellung 1926 nach Dresden.

Heute erinnert in Dresden nichts mehr an die Sammlerin Ida Bienert, in deren Salon einst die Größen der Klassischen Moderne dicht gereiht hingen. 1905 kaufte sie ihren ersten Picasso, unterstützte Paul Klee und holte El Lissitzky zur Internationalen Kunstausstellung 1926 nach Dresden. Bienert war ihrer Zeit weit voraus. Was sie vor den Nationalsozialisten gerettet hatte, bewahrte die Mäzenin vor dem DDR-Sozialismus durch Übersiedelung nach München. So wurden Teile der Sammlung der dortigen Staatsgalerie gestiftet und Dresden ging leer aus.

Vor dem Krieg war Dresden eine Sammlerhochburg. Die Spuren dieser Kunstfreunde führen auf die Suche nach der für die Elbstadt verlorenen Kunst. Ein Rundgang während der diesjährigen Kunstmesse und eine Veröffentlichung des Kunstkritikers und Tagesspiegel-Autors Peter Herbstreuth widmen sich der neu entstehenden Sammlerszene. Der Dresdner Sammler heute ist meist aus dem Rheinland oder Bayern. In kurzweiligen Interviews und Porträts spürt Herbstreuth der Motivation dieser Neu-Dresdener nach. So gering das Bewusstsein für das Zeitgenössische in der Stadt ist, so verheißungsvoll leisten private Initiativen im Schulterschluss mit der Messe und Kulturinstitutionen Aufbarbeit für ein verjüngtes Image.

Für Petra und Moritz von Crailsheim bilden das Nebeneinander von Tradition und Gegenwart den Reiz: „Man kaufte immer in seiner Zeit und fügte es dem Alten hinzu.“ Eine Vitrine mit Porzellan der Ming-Zeit neben Thomas Scheibitzs „Paradiesvogel“ stiftet durchaus Sinn, wenn man erfährt, dass der Künstler das schillernde Bild nach einem Asienaufenthalt malte. Der Dresdner Maler Stefan Plenkers will „Ereignisse für das Auge schaffen“ – in seinen Bildern, aber ebenso mit seiner Sammlung. Tatsächlich gleicht das Wohn- und Atelierhaus des Künstlers einer Abenteuerreise durch Kunst und Kontinente. Skulpturen von Peter Makolies, Bilder von Frank Maasdorf oder Peter Hermann vermischen sich mit Buddha-Statuen, afrikanischen Masken und rituellem Gerät.

Ein wahrer „Hang zum Gesamtkunstwerk“ ist der Skulpturengarten von Barbara und Axel Bauer. Der überwaldete Weinberg an der Elbe vereint wilde Urwüchsigkeit mit einem subtilen Willen zur Gestaltung. Stein- und Stahlskulpturen treten in einen fruchtbaren Dialog mit der Natur. Den Zauber dieser Wechselbeziehung will das Paar bewahren; und so tritt das Vorhaben eine Wandzeichnung von Sol LeWitt entwerfen zu lassen, schon mal zu Gunsten eines Rosenspaliers zurück.

Nicht der große steht für die Kunstsammler im Zentrum, sondern ein Bekenntnis, das zum Lebenswerk wird und gleichsam Zeichen der Verbundenheit mit der neuen Heimat setzt. Noch ist die Szene in Dresden überschaubar und einigen Künstlern begegnet man beim Rundgang wie auch im Buch in stets neuen Bezügen wieder. Bei von Crailsheims trifft man auf Glöckner und einen frühen Plenkers, in der Kanzlei von Stefan Heinemann wiederum auf Havekost und Scheibitz. Am Niederrhein entwickelte der Rechtsanwalt seine Sammlung mit Künstlern wie Joseph Beuys oder Carl Andre; doch an der Elbe hat sich sein Schwerpunkt von den konzeptuellen Werken zum traditionellen Ölgemälde verlagert. Denn auch der direkte Draht zu den Künstlern ist eine Facette der Kunst des Sammelns. Michaela Nolte

„Dresden privat“ von Peter Herbstreuth, mit Fotografien von Werner Lieberknecht. Michael Sandstein Verlag, Dresden. 12,50 €

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