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Kulturhaushalt: Neumann kriegt 400 Millionen Euro für die Kultur

Das "Wunder von Bernd": Der Deutsche Kulturrrat und erste Kommentatoren sind sich einig, dass Kulturstaatsminister Bernd Neumann ein grandioser Coup gelungen ist. Das Parlamentsgemium bewilligte ihm eine gewaltige Menge, mit der er nun machen kann, was er will.

Bernd Neumann (CDU) ist im November zwei Jahre erfolgreich im Amt und was ihm jetzt zur Halbzeitbilanz gelang, entlockte dem Deutschen Kulturrat den Glückwunsch "Chapeau, Staatsminister Neumann!". Die letzte Haushaltssitzung brachte die große Überraschung, das "Wunder von Bernd", wie es in ersten Kommentaren anerkennend hieß. Das Parlamentsgremium bewilligte Neumann auf einen Schlag zusätzliche 400 Millionen Euro, die er in den nächsten Jahren ausgeben darf, ohne erneut das Parlament zu fragen.

Neumann ist als "Strippenzieher" in Parlament und Regierung schon länger bekannt. Der Kulturstaatsminister und Bremer CDU- Landesvorsitzende sitzt im Kanzleramt nicht weit von seiner Chefin Angela Merkel entfernt. Vor zwei Jahren, am 22. November 2005, gab Merkel ihre Entscheidung bekannt, dass mit Neumann ein "professioneller Politiker" das Amt des Kulturstaatsministers übernehme - nach einem Publizisten und Verleger, einer Literatur- und Kunstwissenschaftlerin und einem Philosophen.

Neumann nach dem Millionen-Coup: "Harte Vorarbeit"

Im Bundestag ist der "alte Fuchs" Neumann (65) aus Westpreußen seit 1987 zu Hause. Dort muss er nicht nur im Kulturausschuss Präsenz zeigen, sondern auch die Bedeutung des Haushaltsausschusses kennen. Der zeigt ihm auch schon mal die gelbe Karte wie beim geplanten Berliner Stadtschloss oder der Sanierung der Berliner Staatsoper, doch Neumann weiß die Signale immer richtig zu deuten - und zu korrigieren.

Was ihm aber jetzt gelang, stellt alles Bisherige in den Schatten. Seit Jahren kämpft Neumann erfolgreich dagegen an, dass sein Kulturetat von jährlich 1,1 Milliarden Euro von der allgemeinen Sparwut der Haushälter erfasst wird. Mit Erfolg: Sein Budget stieg kontinuierlich leicht an, im Gegensatz zu vielen anderen Etats des Bundeshaushalts. Die nun erzielte Haushaltserhöhung um 400 Millionen Euro war ein echter Coup. "So etwas bedarf natürlich auch harter Vorarbeit", betonte Neumann.

Die Kulturnation soll nicht nur in Berlin leuchten

"Das grösste Kulturinvestitionsprogramm, das es in Deutschland je gegeben hat", sagte er stolz. Wichtig ist ihm dabei vor allem, dass "die Kulturnation nicht nur in der Hauptstadt leuchtet", auch wenn 200 Millionen für Daniel Barenboims dringend sanierungsbedürftige Berliner Staatsoper - unter Vorbehalt - eingestellt werden. Jetzt können auch Häuser und Projekte überall in der Republik mit einem zusätzlichen Geldsegen rechnen. Allerdings müssen in einigen Fällen die Länder die Projekte mitfinanzieren.

Auch die Kulturhauptstadt Essen 2010 wird mit einem Nachschlag bedacht. Und 40 Millionen Euro sollen dem Denkmalschutz in Deutschland zugutekommen. Die finanziell auch bedürftigen Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele werden nicht erwähnt, vielleicht auch mit Rücksicht auf die schwelende Nachfolgefrage in der Festspielleitung, auf die der Bund auch Einfluss nehmen kann.

Der Geldsegen für die Kultur auf allen Ebenen soll auch dem anfangs verbreiteten Vorbehalt gegen Neumann begegnen, er nutze seinen Einfluss im neuen Amt hauptsächlich für die Filmwirtschaft, der er schon in seiner früheren parlamentarischen Tätigkeit viel Aufmerksamkeit schenkte. Und richtig erzielte er zusammen mit Finanzminister Peer Steinbrück eine aufsehenerregende Hilfe von zusätzlich jährlichen 60 Millionen Euro für die Branche, die einen neuen Boom deutscher und internationaler Filmproduktionen auslöste.

Inzwischen auf seiner Seite: die Kulturszene

Aber Neumann hat dabei nie die Interessen der anderen Künstler aus den Augen verloren. Am liebsten hätte er dafür auch die beiden großen Kulturstiftungen des Bundes und der Länder vereint, aber davor stand und steht der Föderalismus und vor allem Bayern. Und in Brüssel muss Neumann nach der Föderalismusreform noch immer mit den Ländervertretern aufkreuzen, ein für viele europäische Kollegen gewöhnungsbedürftiger Anblick.

Summa summarum hat der öffentlich eher spröde wirkende (und im geselligen Kreis schnell auftauende) Hanseat Neumann die Kulturszene, mit der er sich anfangs etwas schwertat, inzwischen für sich gewonnen. Das räumt sogar der Heidelberger Plakatkünstler und Berliner Akademiepräsident Klaus Staeck ein, ein Vertreter der Alt- 68er, mit denen Neumann früher eher auf Kriegsfuß stand. Wie auch umgekehrt Neumann in seinem neuen Amt anfangs irritiert bemerkte, "die vom Feuilleton sind ganz, ganz anders". Aber ganz anders ist wohl inzwischen auch Bernd Neumann, der langsam aber sicher aus dem Schatten eines Michael Naumann (SPD) herauswächst, dessen Namensähnlichkeit allerdings noch immer ein Stolperstein bei vielen öffentlichen Anlässen und Begrüßungsreden ist. Doch viele Künstler merken inzwischen den Unterschied - er bedeutet bares Geld für sie.

Wilfried Mommert[dpa]

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