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Kultur: "Kulturverschwörung": Ein Ort der Erleuchtung

Es ist ein Luxus, über Dinge zu reden, die nicht zur Debatte stehen. Wie gering das Ergebnis dann auch immer ist, es ist mehr, als man verdient hat.

Es ist ein Luxus, über Dinge zu reden, die nicht zur Debatte stehen. Wie gering das Ergebnis dann auch immer ist, es ist mehr, als man verdient hat. Über die Kirche kann man so reden, über die Universität oder das Museum. In der Reihe "Kulturverschwörung" des Deutschlandradios waren Kirche und Universität schon ausdiskutiert, nun folgte in der DG-Bank am Pariser Platz das Gespräch über die Kulturinstitution Museum.

Die Diskussion war kostenlos: Nicht über Geld und Budgets wurde geredet - so wenig angefochten ist die Institution des Museums in der Öffentlichkeit -, sondern um das Selbstverständnis der Museums zu Beginn eines neuen Jahrhunderts. Und da die Zukunft des Museums nicht ernsthaft bedroht ist, fielen die Antworten der Expertenrunde besonders luxuriös aus. "Das Museum", rief der frühere Direktor des Hamburger Kunstvereins, Stephan Schmidt-Wulffen, "ist eine Disziplinierungsmaschine wie Schule, Kirche und Krankenhaus." Wo Foucault draufstand, war auch Foucault drin: die Gesellschaft sei zersplittert, verkündete er, das Abstrakte längst zu Gunsten des Körperlichen auf dem Rückzug. Ein Museum dürfe nicht mehr die eine Geschichte erzählen, "sondern viele Geschichten und viele Anekdoten." Das hohe Alter seines Museumsbesuchers der Zukunft verriet allerdings sein Name: Dieser sei nämlich ein "Flaneur".

Liselotte Kugler, Direktorin des Deutschen Technikmuseums Berlin, nannte ihn einen Surfer, das Museum selbst wähnte sie in einer Verwandlung zur "Suchmaschine". Ganz folgerichtig also ihre Vision: "Überleben werden solche Museen, die die Defizite der Informationsgesellschaft" abdecken. Eine nähere Erläuterung blieb sie schuldig, aber zu ihrem Glück wurde danach von niemandem gefragt.

Nur Jean-Christophe Ammann vom Museum für Moderne Kunst in Frankfurtam Main wollte seinen eigenen Wert nicht ganz so niedrig bemessen. Museen sollten sich zwar anbieten und Kundschaft akquirieren, zugleich aber sei "jedes Kunstwerk, wenn es eines ist, zu jeder Zeit erklärungsbedürftig". Museen seien also verpflichtet, diesen Dialog anzubieten. Während Schmidt-Wulffen verkündete, künstlerische Qualität sei lediglich ein soziales Konstrukt, sprach Ammann von der Erleuchtung echter Künstler. Ihm galt der Applaus eines Publikums, das an einem verregneten Sonntag lieber günstigen Reden übers Museums verfolgte, als dorthin zu gehen.

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