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KUNST Stücke: Kleiner Mann

Gleich im Eingang der Galerie Leo.Coppi (Auguststraße 83, bis 24.

Gleich im Eingang der Galerie Leo.Coppi (Auguststraße 83, bis 24. Juli) sieht man sich einem kleinen Mann gegenüber, der auf einem hohen Turm balanciert (11 500 Euro). Die Skulptur suggeriert Stärke, ist sie doch über zwei Meter hoch, aus Bronze, und die Figur schaut erhaben von oben herab. Andererseits ist das Männchen winzig und der Turm so schmal und grazil, dass er jeden Moment umzustürzen droht. Geschaffen hat die Skulptur Michael Jastram. Seine Figuren in fragilen Situationen verteilen sich in der ganzen Galerie, im Fokus scheinen jedoch die beiden jungen Künstler Kai Feldschur und Peter Wuttke zu stehen. Feldschurs Motive sind dem Alltag entlehnt und bilden meist Interieurs ab (1400–5000 Euro). Der Blick auf die Motive ist unvermittelt, Jastrams Mann auf dem Turm würde uns aus dieser Perspektive betrachten. Von oben blickt man auf einen Küchentisch – achtlos liegen Löffel neben Aschenbecher und Wasserkocher. Genauso wenig harmoniert die Farbwahl Feldschurs, die auf die Unordnung der Objekte antwortet. Intensive Öl- und Acrylfarben dominieren, oft so vermischt, dass keinem der abgebildeten Gegenstände eine klare Farbe zugedacht ist. Mit Wuttke verbinden Feldschur die unmittelbare Perspektive, die Motive sowie eine ähnliche Intensität der Töne. Allerdings ist Wuttkes Farbwahl klarer, weniger anstrengend, dadurch aber auch weniger spannungsvoll (400–3400 Euro).

Wie entspannend für die Augen sind die Werke von Arno Mohr, zu sehen in der Galerie Poll (Anna-Louisa-Karsch-Straße 9, bis 31. Juli). Dazwischen stehen Skulpturen von Sabina Grzimek, einst Schülerin Mohrs an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Doch hier ist der Zeichner der bekanntere Künstler. Der Berliner Chronist Arno Mohr wäre im Juli 100 Jahre alt geworden. Bekannt gemacht haben ihn vor einem halben Jahrhundert seine Zeichnungen, Radierungen, Lithografien. Grob skizzierte er Kinder, die Drachen steigen lassen, einen Hund, der sein Bein vor einem Baum hebt – Alltagsszenen mit Witz, vor allem aber viel Charme. Auch Porträts von Freunden wie Helene Weigel oder Bertolt Brecht sind im Grunde Skizzen, ihnen haftet gerade aufgrund ihrer Flüchtigkeit etwas Reales und Ungestelltes an (je 800 Euro). Auf den dunklen Holzschnitten sind nur einige helle Striche zu erkennen, und doch wird deutlich: Da sitzt Brecht auf dem Sofa (400 Euro). Mohrs schwarz-weiße Zeichnungen sind modern wie eh und je, setzen der reizüberfluteten Gegenwart verzaubernde Einfachheit, ja Bescheidenheit entgegen. Dieses Konzept verfolgte Mohr selbst dann, wenn er Plakate für das Deutsche Theater oder das Berliner Ensemble entwarf. In der Galerie Poll zu sehen ist eine noch nie gezeigte signierte Lithografie zu Hauptmanns Theaterstück „Die Ratten“ von 1973 (700 Euro), das in den Kammerspielen des Deutschen Theaters aufgeführt wurde.

Laura Backes

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