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Beschlagnahmt und an Kunsthändler wie Hildebrand Gurlitt weitergegeben. Adolf Hitler am 13.Januar 1938 vor beschlagnahmten Kunstwerken im Depot im Viktoriaspeicher in Berlin.

© dpa-Bildfunk/bpk/ Bayerische Staatsbibliothek/ Archiv Heinrich Hoffmann

Kunst und Nationalsozialismus: Neue Details zum Kunstfund in München

Unter den in München entdeckten Bildern sind mehrere bisher unbekannte Werke von Otto Dix und Marc Chagall. Aber es geht offenbar nicht nur um NS-Raubkunst.

Der spektakuläre Kunstfund in München umfasste nicht nur Werke der klassischen Moderne, sondern auch deutlich ältere Bilder. Mehrere Bilder berühmter Avantgarde-Künstler wie Otto Dix oder Marc Chagall waren nach Worten der Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann bisher außerdem gänzlich unbekannt und nicht in Werkverzeichnissen erfasst. Das älteste Werk stamme aus dem 16. Jahrhundert, sagte Hoffmann bei einer Pressekonferenz am Dienstagmorgen in Augsburg. Auch Bilder des 19. Jahrhunderts seien dabei gewesen. Es gehe nicht nur um NS-Raubkunst.

Die Wohnung des 79-jährigen Kunsthändler-Sohns Cornelius Gurlitt sei außerdem nicht 2011, sondern erst im vergangenen Jahr durchsucht worden, am 28. Februar 2012, teilte der Leiter des Zollfahndungsamts München, Siegfried Klöble, mit. Nach Angaben des Augsburger Oberstaatsanwalts Reinhard Nemetz beschlagnahmten die Behörden 1285 ungerahmte und 121 gerahmte Bilder.

Größte Sensation sind die unbekannten Bilder

Die Kunstwerke seien in sehr gutem Zustand gewesen und fachgerecht gelagert gewesen, sagte Klöble. Hoffmann ergänzte, die Bilder seien zum Teil zwar verschmutzt gewesen, aber nicht beschädigt. Zu den beschlagnahmten Bildern gehören unter anderem Werke von Picasso, Chagall, Marc, Nolde, Spitzweg, Renoir, Macke, Courbet, Beckmann, Matisse, Liebermann, Dix, Kokoschka, Schmidt-Rottluff, Toulouse-Lautrec und Kirchner. Zum geschätzten Wert der Werke wurden in Augsburg keine Angaben gemacht. Dass einige Bilder bisher unbekannt waren, birgt womöglich die größte Sensation im Rahmen des spektakulären Funds.

Der leitende Oberstaatsanwalt, Reinhard Nemetz am 5. November während einer Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Augsburg.

© dpa/Marc Müller

Auf die Spur der Bilder waren die Ermittler nach einer Personenkontrolle am 22. September 2010 in einem Schnellzug von Zürich nach München gekommen. Dabei ergab sich der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat. Ermittelt wird auch wegen möglicher Unterschlagung. Anders als spekuliert worden war, gehen die Ermittler allerdings nicht davon aus, dass Gurlitt noch ein zweites Lager hatte. Der Kunsthändler-Sohn besitzt seit vermutlich mehr als 40 Jahren ein Haus im noblen Salzburger Stadtteil Aigen, das jedoch in schlechtem Zustand ist. Eine Durchsuchung gab es nicht.„Es gibt augenblicklich noch kein Verfahren“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, Marcus Neher. Deutsche Behörden hätten sich noch nicht mit einem Rechtshilfeverfahren an die österreichischen Ermittlern gewandt.

Aufbewahrungsort wird geheim gehalten

Das Gemälde „Löwenbändiger" von Max Beckmann, hieß es außerdem in Salzburg, sei vor der Durchsuchung versteigert worden. Die Gemälde seien derzeit nicht in einem Depot in Garching bei München gelagert, sondern anderswo untergebracht. Der Ort wird aus Sicherheitsgründen geheim gehalten. Die gefundenen Werke seien „von ganz außerordentlicher Qualität“, fügte Kunsthistorikerin Hoffmann hinzu. Die Bilder entdeckt zu haben, sei „natürlich ein unheimliches Glücksgefühl“. Die Einzelforschung zu den einzelnen Künstlern werde davon sehr profitieren. Hoffmann rechnet damit, dass die Ermittlungen, bei welchen Bildern es sich um Raubkunst handelt, noch lange andauern werden. Fotos der Kunstfunde dürfen nicht online gestellt werden; dies könnte die Interessen von Anspruchsberechtigten verletzen, sagte Oberstaatsanwalt Nemetz in Augsburg. (dpa)

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