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Kultur: Kunst und Sühne

Eine

von Christina Tilmann

Das FritzBauer-Institut lädt Frauen nach Berlin ein, die als Zwangsarbeiterinnen in den Flick’schen Rüstungsbetrieben gearbeitet haben. Die Staatlichen Museen zu Berlin veranstalten ein Symposium über das komplexe Verhältnis zwischen Sammlern und Kulturinstitutionen. Flick selbst hat einen Forschungsauftrag zur Familiengeschichte erteilt. Und die „Neue Gesellschaft für Bildende Kunst“ kündigt laut „Spiegel“ zur Eröffnungsausstellung der Flick-Collection im Hamburger Bahnhof einen Gegenkatalog mit dem Titel „Die Kunst des Sammelns“ sowie ein Plakat-Projekt von Renata Stih und Frieder Schnock an. Auch hier soll über den Zusammenhang von „Zwangsarbeit“ und „Steuerfrage“ nachgedacht werden.

Na endlich. Nachdem in Sachen Flick-Collection seit Januar 2003, als ihre Präsentation in Berlin bekannt gegeben wurde, zunächst bleierne Diskussionsverweigerung herrschte, rührt sich wenige Wochen vor der Eröffnung nun doch mehr als purer Protest: Eine kritische Öffentlichkeit organisisert sich, die Kunstszene, die zum Thema bislang beharrlich schwieg, meldet sich zu Wort, die Betroffenen erhalten ein Forum, und auch der Sammler selbst zeigt Einsicht.

So hätte man sich die Diskussion um die Sammlung von Anfang an gewünscht: kritisch, offen, ohne schrille Töne und Entgleisungen. Verhandelt wird schließlich nicht persönliches Fehlverhalten, sondern unser aller Umgang mit den unbewältigten Fragen der deutschen Vergangenheit. Hildegard Hamm-Brücher hat in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ noch einmal darauf hingewiesen, worum es geht: um „nicht aufgearbeitete Schuld und nicht geleistete Sühne“. Und um die Befürchtung, dass in Deutschland die „Zeit der Entsorgung dieser Lasten und des Vergessens der Opfer“ angebrochen sein könnte. Daher die Hysterie und die Sturheit, mit der über Flick diskutiert wird. Ein Träumer, wer dabei glaubt, nur über Kunst zu sprechen.

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