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Die niederländische Galerie Dürst Britt & Mayhew präsentiert Arbeiten des Künstlers David Roth.

© Viennacontemporary

Kunstmesse in Wien: Die Viennacontemporary bietet sichere Spielräume

Die Wiener Kunstmesse fällt im Corona-Jahr kleiner aus als sonst, behauptet sich aber gegen die schwierigen Umstände. Auch wegen der Solidarität der Galeristen.

Nitsch geht immer, wird sich Barbara Pretterhofer von der Galerie Unttld Contemporary gedacht haben. Statt ihres jungen Programms zeigt sie auf der Wiener Messe Viennacontemporary die großen Schüttbilder von Hermann Nitsch, dem Großmeister des Wiener Aktionismus. Immerhin nimmt sie teil – und immerhin findet die Messe für zeitgenössische Kunst in der historischen Marx Halle überhaupt statt.

Von 110 auf 65 Galerien ist die Zahl der Teilnehmer zusammengeschnurrt. Die Hälfte davon stammt aus Österreich, 20 kommen aus Ost- und Südosteuropa, dem einzigartigen Fokus der Wiener Messe.

Hier zeigt sich, wie schwierig die Umstände sind, aber auch, wie groß die Solidarität unter Galeristen sein kann: Die drei ungarischen Aussteller konnten alle nicht persönlich anreisen, um ihre Stände kümmern sich Kollegen vor Ort.

Aus Deutschland sind neun Galerien dabei, alleine sechs aus Berlin. Crone aus Berlin und Wien gehört zu ihnen, von Österreichs nächster Venedig Biennale-Künstlerin Ashley Hans Scheirl hat sie Arbeiten dabei und setzt damit ebenfalls auf etablierte Kunst: Ein frühes Werk von 1996 wechselte praktisch sofort den Besitzer – gekauft hat es ein deutsches Sammlerpaar, das schon vor der Hochstufung Wiens zum Risikogebiet eingereist war.

Auf Nummer sicher gehen in diesen unsicheren Zeiten nicht wenige Aussteller. Nach einem halben Jahr ohne Kunstmessen und stark eingeschränktem Galerie- und Ausstellungsbetrieb ist der finanzielle Spielraum für viele Marktteilmehmer eng geworden.

Einige Wiener Galerien machen nicht mit

Die Messe trägt dem Rechnung und hat dem Drängen vor allem von Wiener Galerien nachgegeben: Es wurde für diese Ausgabe eine Art Flatrate-Modell vereinbart, als Konsequenz kosten die Stände die Hälfte der üblichen Gebühr: Die günstigste Koje für junge Kunst lediglich 2500 Euro, die teuerste 6000 Euro für 35 Quadratmeter. Der russische Messe-Eigentümer Dmitry Aksenov dürfte dieses Jahr massiv draufzahlen.

Sein Engagement danken ihm jedoch nicht alle, einige Wiener Galeristen machen nicht mit. Eine internationale Kunstmesse in der eigenen Stadt scheint ihnen nicht so wichtig zu sein, oder sie vertrauen darauf, dass die Veranstaltung für den Eigentümer ein vanity project ist, dass er schon nicht aufgeben wird.

Dieser fahrlässige Umgang mit dem eigenen Kunstmarktstandort könnte Berlinern beim Gedanken an das 2010 eingegangene Art Forum Berlinern bekannt vorkommen. Einige Galerien stellen nirgendwo aus, andere sind zur örtlichen Satellitenmesse gewechselt.

Parallelmesse mit renommierten Galerien

Die Gegenveranstaltung heißt in Parallel Vienna und ist - ebenso wie die ehemalige Art Berlin Contemporary, die nach dem Aus des Art Forums in die Bresche springen musste – keine Messe im klassischen Sinn.

Den Reiz jener Veranstaltung in wechselnden Gebäuden macht traditionell die wilde Mischung aus. Dieses Jahr ist es ein ehemaliges Bürohochhaus im Zentrum der Stadt mit einer phänomenalen Dachterrasse. Allerdings dürfen sich dort nur 350 Menschen gleichzeitig dort aufhalten. Bei alleine schon 120 Ausstellern ist der Zugang daher sehr streng reguliert.

Hier präsentieren sich renommierte Galerien neben randständigen Händlern und Newcomern, Projekträume, Kunstvereine, Selbstvermarkter und – neu – Akademieklassen. Letztere sind ein echter Gewinn, eine übersichtliche Architektur und die Besucherführung animieren zum kompletten Rundgang.

Bei einigen Neuzugängen besteht Luft nach oben

Der aber macht dann auch die disparate Qualität der Parallel Vienna sichtbar. Ihr Veranstalter scheint weiterhin keine echten Parameter bei den Aufnahmekriterien zu haben. Bei der Viennacontemporary ist das Niveau erfreulich hoch, auch wenn bei einigen der 16 Neuzugänge noch Luft nach oben besteht.

Die Parallel mag dieses Jahr die zahlenmäßig größere Veranstaltung sein, das bessere, weil professionellere Angebot macht die Viennacontemporary. Und sie bietet in der Halle bis zu 2500 Besuchern gleichzeitig Raum. Das dürfte dieses Jahr völlig ausreichen.

Viennacontemporary und Parallel Vienna, Wien, beide Messen bis 27. 9.; Infos: www.viennacontemporary.at & www.parallelvienna.com

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