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Kunstmesse Maastricht: Renoir und der Tapir

Boomende Kunstmessen weltweit buhlen derzeit um die Gunst der Besucher - die Europäische Kunstmesse in Maastricht geht einen ganz anderen Weg. Mit kräftig erhöhten Eintrittspreisen soll das schnöde "Laufpublikum" möglichst abgeschreckt werden.

Maastricht - Die von diesem Freitag an (bis 18. März) geöffnete "The European Fine Art Fair" (Tefaf), der vielleicht nobelste Kunstmarkt der Welt, fürchtet im 20. Jahr des Bestehens seinen eigenen Erfolg. "Die hohe Popularität ist bedrohlich für die Reputation der Messe" teilten die Veranstalter mit.

Rund 84.000 Besucher, fast ein Drittel mehr als noch 2003, haben im vergangenen Jahr binnen einer Woche die Tefaf gesehen. Für stolze 500 Millionen Euro sei 2006 an der Maas Kunst gekauft worden, wie die TEFAF in sonst branchenunüblicher Offenheit erklärte. Die knapp 200 Landungen von Privat-Fliegern während der Messezeit auf dem nächsten Flugplatz lassen auf das Portemonnaie der Gäste schließen. Der Eintritt dieses Jahr beläuft sich auf 55 Euro inklusive Katalog.

Schatzhaus der Weltkunst für Gutbetuchte

Ihnen offeriert die Maastrichter Messe nicht nur regelmäßig knapp 80 Prozent der weltweit zu kaufenden Altmeister, sondern seit knapp einem Jahrzehnt auch zunehmend hochkarätige Moderne: Picasso und Bacon, Beckmann und Baselitz, Giacometti und selbst die "trendigen" Maler Meese und Tuymans gehören zum diesjährigen Reigen.

Rund 220 Anbieter, darunter viele "Global Player" der Szene, verwandeln auch in diesem Jahr die Messehalle der niederländischen Stadt in ein Schatzhaus der Weltkunst. Die Stücke von der antiken Ausgrabung über Altmeistergemälde und erlesenen Schmuck bis zur arrivierten Moderne repräsentieren einen Wert von etwa einer Milliarde US-Dollar, schätzen die Tefaf-Organisatoren.

Zu den Spitzenwerken von unbestreitbarer Museums-Qualität gehört ein duftiges Damenbildnis Auguste Renoirs von 1882 ("Unter Rosen"/45 Millionen Dollar), das gleich daneben mit Picassos "Claude und Paloma zeichnend" als schönes Kinderbild (1954/9,5 Millionen Dollar) um einen Käufer wetteifert. Unübersehbar Warhols monumental-poppiges Goethe-Bildnis (1981) für 2,5 Millionen Euro.

Kunstgeschichtliche Kostbarkeiten

Ein kraftvolles Landschaftsbild Paul Klees von 1920 ("Bewegte Landschaft mit Kugelbäumen") wartet für 4,5 Millionen Euro auf einen Liebhaber. Viel Platz braucht der Freund der Moderne, der Francis Bacons erschütterndes Triptychon "Drei Studien für den menschlichen Körper" (1970) oder die raumgreifende "Spinne" (4 Millionen Dollar) der Alt-Avantgardistin Louise Bourgeois in den heimischen Wänden präsentieren möchte.

Ganz in innere Ruhe versunken vermag eine gerade auf dem Kunstmarkt aufgetauchte winzige "Weibliche Heilige" (vor 1425) aus einem in Hannovers Museen bewahrten Lübecker Altar zu bezaubern. Ihre "Heimführung" für nur 250.000 Euro droht sich - trotz guter Konditionen des Händlers - das Land Niedersachsen gerade entgehen zu lassen. Auch gänzlich Unfromme kann sicherlich eine "Madonna mit Traube" (1,5 Millionen Euro) begeistern, die Lucas Cranach d.Ä. 1534 unter Renaissance-Einfluss gemalt hat.

Liebhaber kulturgeschichtlicher Kostbarkeiten entdecken nicht nur die Blätter Julius Schnorr von Carolsfelds von 1840 mit Fresken- Entwürfen für die kriegszerstörten Kaisersäle der Münchner Residenz oder einen pummeligen, 2500 Jahre alten chinesischen Bronze-Tapir (9,23 Millionen Euro). Auch die Prunk-Standuhr (um 1695/320.000 Euro) des Türkensiegers Prinz Eugen fällt auf: Ein vergoldeter Sensenmann oben auf der Uhr erinnert die Tefaf-Gäste nachdrücklich an die Vergänglichkeit aller Pracht, Macht und Herrlichkeit.

(Von Gerd Korinthenberg, dpa)

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