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Kultur: Ländersache, Bundessache

Eine

von Bernhard Schulz

Die Kulturhoheit der Länder ist ein heilig’ Ding, verteidigt mit Klauen und Zähnen. Darüber amüsierte sich schon Kulturstaatsminister – der erste dieses Titels – Michael Naumann und spottete über „Verfassungsfolklore“. Unter ihm und seinen Amtsnachfolgern wurde die Bundesförderung für Kultur ausgeweitet, vor allem aber erstmals als solche kenntlich gemacht. Das ließ den Föderalisten vorwiegend süddeutscher Herkunft keine Ruhe, und so mündete der Streit um die Kulturzuständigkeit in die Agenda der Föderalismuskommission ein, die – weit über Kultur hinaus – die innigst verflochtenen, manche sagen auch: verfilzten Beziehungen zwischen Bund und Ländern neu regeln will.

Das Stichwort lautet „Entflechtung“. Es ist bereits wieder in Vergessenheit geraten. Die Kommission begann nach schwungvollem Start alsbald, sich in Details zu verzetteln. Im Grunde, so steht zu erwarten, wird alles beim Alten bleiben: ein bisschen Bundesförderung – zumal für den armen Osten, wo die Länder um jeden Euro froh sind, egal wie sich seine Herkunft unter der verfassungspolitischen Brille ausnimmt –, im Großen und Ganzen aber Länderförderung. So sollte es dem Grundsatz nach auch sein. Doch die „Entflechtung“ ist, anders als sie von BundLänder-begünstigten Zuwendungsempfängern dargestellt wird, durchaus kein Teufelszeug. Die „Systematisierung“ – so die richtigere Bezeichnung – der Bund-Länder-Beziehungen muss nämlich, wenn irgendeinen Sinn sie haben soll, zu einer klaren Verantwortlichkeit führen. Es darf nicht darum gehen, dass der Bund notleidenden Bundesländern fallweise zu Hilfe kommt; und auf Dauer gestellte Mischfinanzierungen sind ohnehin von Übel – außer für Begünstigte, die auf die nahezu unbegrenzte Fortschreibung einmal angesetzter Etats hoffen dürfen. Es geht darum, dass die Länder ihre Grundverantwortung für die Kultur ohne Wenn und Aber und stete Kürzungsvorbehalte wahrnehmen; dass aber darüber hinaus der Bund für Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung einsteht.

Diese Bundeskompetenz gilt in starkem Maße in Berlin – etwa für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz –, aber eben bei weitem nicht allein. Sie gilt allemal, wenn die Kräfte der Länder überfordert sind, ob in Weimar oder Dessau, Stralsund oder Dresden. Sie gilt aber auch im reicheren Westen, beispielsweise beim Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar. Die Bundeszuständigkeit hat, von der Verfassungssystematik her, überhaupt nichts mit der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder zu tun. Sie ist originär – und darum auch sinnvoll zu entflechten.

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