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Kultur: Lichtblicke im Schattenreich

Neue Synagoge Berlin zeigt Kunst aus dem KZ

Seestücke, romantische Landschaften, glamouröse Frauenporträts, Karikaturen: Solche Bilder überraschen in einer Ausstellung über „Kunst in Auschwitz 1940–1945“. Die im Todeslager inhaftierten Künstler dokumentierten nicht nur Leid und Schrecken, jene Nachrichten aus der Hölle, die dann vielfach aus dem KZ herausgeschmuggelt wurden. In Auschwitz entstanden auch die schönen Gegenbilder. Mit 140 Kunstwerken von 44 Künstlern ist in der Neuen Synagoge die bisher größte Ausstellung ihrer Art in Deutschland zu sehen.

Im hervorragend gestalteten Katalog erläutert der Kurator Jürgen Baumkötter seine Gratwanderung, die Leihgaben aus dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau einerseits als autonome Kunstwerke zu würdigen, andererseits den ungeheuerlichen Kontext ihrer Entstehung nicht zu unterschlagen. Der Balanceakt gelingt mit Hilfe der Ausstellungsarchitektur. Baumkötter schickt die Besucher durch ein enges Labyrinth. Erschütternde Darstellungen finden sich dort, etwa die Postkarten großen Aquarelle von Waldemar Nowakowski; er malte Szenen wie „Das Mittagessen“ oder „Vor der Gaskammer“.

Bei den Berg- und Flusslandschaften weiten sich die Ausstellungswände höchst symbolisch. Sie entstanden im Lagermuseum von Auschwitz, das auf Initiative eines Häftlings eingerichtet, vom KZ-Kommandanten gutgeheißen wurde. Es erwies sich als Schutzraum für die Künstler, die auch Auftragsarbeiten für SS-Schergen malten. Hier durften polnische Häftlinge arbeiten, aber keine Juden. Der herausragende polnisch-jüdische Künstler Marian Ruzamski zeichnete heimlich. Zu sehen sind seine wundervoll zarten Buntstift-Porträts von Leidensgenossen. Nach der Auflösung von Auschwitz kam Ruzamski in Bergen-Belsen um.

Neue Synagoge, Oranienburger Str.28-30, bis 14. August; So, Mo 10–20, Di–Do 10–18, Fr 10–17 Uhr. Katalog (Rasch Verlag) 28 Euro.

Jens Hinrichsen

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