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Kultur: Lied und Traum im Mittelmeerraum

ORCHESTERKONZERT

Die unpathetischen, gleichsam hingeworfenen Satzschlüsse, die der Beethoven-Interpret Sebastian Weigle der vierten Sinfonie zukommen lässt, bringen Günter Wands trockene Finaleffekte in Erinnerung. Das impliziert, dass Werktreue nicht einfach Vorlesen einer Partitur bedeutet, sondern Konzentration auf das Wesentliche, nicht zuletzt auf das kleinste Teilchen. In diesem Fall ist es die Sechzehntelfigur, ob als Anstoß des Hauptthemas, als begleitende Triole oder als Triebfeder des Finales, die in ihren Wandlungen der Interpretation Kontrast und Weite gibt. Die Einleitung bis zum aufspringenden Allegro vivace dirigiert Weigle mit der rechten Hand allein. Solche Sparsamkeit der Gestik zeichnete im Allgemeinen die großen Alten (wie Karl Böhm) aus. Weigle, der junge „Dirigent des Jahres“, weiß schon jetzt um die Vertrauen weckenden Vorzüge der Beschränkung. Das Berliner Sinfonie-Orchester fühlt sich motiviert, ihm mit glänzenden Leistungen der Streicher, der Klarinette zu folgen.

Wenn Musik aus den „Trojanern“ von Berlioz dem Seelengriechenland Frank Michael Beyers begegnet, verblüfft in den heterogenen Ausformungen die gemeinsame Aura des Mittelmeerraums. Es ist ein Kolorit, das die Orchestrierung des Franzosen mit Beyers Oboenkonzert von 1987 verbindet. Im Konzerthaus klingt eine neue Kadenz „Wie ein fernes Lied“ herüber, vielleicht der schönste Augenblick des Stückes, weil er das Oboenhafte verweilen lässt und mit ihm die Klangkultur des Solisten Dominik Wollenweber. Erstaunlich, wie ein Echo der Instrumentation von Berlioz in das Konzert herüberweht, obwohl Beyer „nur“ Streichorchester als Begleitung vorsieht. In dessen Differenzierung und Eingehen auf das Soloinstrument aber zeigt sich, wieviel die Moderne Berlioz an Charakterisierungskunst der Klangfarben verdankt.

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