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Literatur: Bestsellerautor Troyat gestorben

Henri Troyat nannte sich selber einen Schreibbesessenen. "Ich kann nicht anders, ich muss einfach schreiben", sagte der Autor, der im Alter von 95 Jahren am vergangenen Wochenende in Paris gestorben ist.

Paris - Troyat, der zugleich das älteste Mitglied der bekannten Académie française war, hat in seiner rund 70-jährigen Karriere mehr als 100 Werke veröffentlicht, darunter rund 30 historische Romane. Bereits im Alter von 27 Jahren erhielt er den renommierten Literaturpreis "Prix Goncourt". Troyat, der am 1. November 1911 als Sohn einer begüterten, armenischen Händlerfamilie in Moskau geboren wurde, ließ sich vor allem von seinen Erinnerungen an das zaristische Russland inspirieren. Er nannte es einmal "das Traumland, von dem meine Eltern mir erzählten".

In Deutschland machte er sich vor allem mit seinen Biografien von Puschkin, Tolstoi, Gogol und Gorki sowie durch sein Lebensbild von Katharina der Großen einen Namen. Mit seinen Biografien der Zaren Alexander II. und Nikolaus II., aber auch von Baudelaire, Zola, Flaubert und Maupassant wurde Troyat nicht nur zu einem international geachteten Autor, sondern 1959 auch zu einem Mitglied der ehrwürdigen Pariser Académie française. Unter französischen Autoren galt Troyat lange Zeit als atypisch, weil sein Schreibstil in der Tradition großer russischer Erzähler des 19. Jahrhunderts steht, gleichzeitig jedoch moderne und psychoanalytische Mittel integriert.

"Der Erfolg bedeutet nichts"

Staatspräsident Jacques Chirac würdigte den Schriftsteller als "Giganten der französischen Literatur". Und die Franzosen erklärten ihn 1994 in einer Meinungsumfrage zu ihrem Lieblingsschriftsteller. Doch Troyat machte sich nicht viel aus Ruhm und Ehre: "Der Erfolg bedeutet nichts. Ich bin ein Mann der Arbeit, der im Schatten lebt." Troyat, der eigentlich Lev Aslanovitch Tarassov hieß, floh als Kind 1917 mit seinen Angehörigen vor der Revolution aus dem untergehenden Zarenreich. Über Konstantinopel und Venedig gelangte die Familie nach Paris, wo sie sich 1920 niederließ. 1933 wurde Troyat französischer Staatsbürger.

Im Alter von 24 Jahren wurde Troyat für sein Debütwerk "Faux jour" der "Preis des populistischen Romans" verliehen. "Die Giftspinne", die Geschichte eines Mannes, der Selbstmorde vortäuscht, damit seine Schwestern nicht heiraten und sich weiterhin um ihn kümmern, brachte ihm dann 1938 den Goncourt-Preis ein. Weitere bedeutende Auszeichnungen wie das Große Kreuz der Ehrenlegion folgten.

Ausführliche und gründliche Recherchen kennzeichnen Troyats Gesamtwerk. Das Leben seines Lieblingsdichters Tschechow rekonstruierte der Autor nicht zuletzt aus den fast 5.000 Briefen, die er an etwa 460 Adressaten mit der Bitte um Auskünfte richtete. Im Jahr 2006 erschienen seine letzten Titel "La Traque" und "Pasternak". (Von Uli Prestele, dpa)

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