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Klangfiguren: Die fette Penelope

Mit Assonanzen und Binnenreimen gelingt es Doris Runge, die dahinfließenden Sätze für Momente zu stauen. Am besten ist sie, wenn sie ganz auf die Wirkung ihrer Bilder setzt.

Morgenmäntel sind nicht zu beneiden. Oft bedecken sie müde, noch schlafwarme Körper, die „müffelnd / wiederkäuend“ vor dem Kaffee sitzen. Welch ein Glück, wenn da eine Verpackungskünstlerin in den Stoffen steckt, die das zerknautschte Morgenwesen flugs in ein Kunstwerk verwandelt: Sie „webt schlingt / verknüpft fäden / wickelt ein / das stilleben / mit morgenmantel / und lässt es / verschwinden“.

In ihrem neuen Gedichtband hat Doris Runge dieses Verfahren gewissermaßen umgekehrt. Noch der hübschesten Figur wird hier das Mieder gelockert, auf dass auch die Falten und Schönheitsflecken zu sehen sind. Und das gilt für die Protagonisten der Liebe ebenso wie für all jene Engel, Feen und Geister, die zwischen den Zeilen ihr Unwesen treiben. Dafür genügen Runge, 1943 im mecklenburgischen Carow geboren und heute im schleswig-holsteinischen Cismar zu Hause, wenige Wörter, die sie zu kleinen Säulen anordnet. Mit Assonanzen und Binnenreimen gelingt es ihr, die dahinfließenden Sätze für Momente zu stauen. Bisweilen kommen die Klangfiguren ein bisschen laut daher oder es sickert zu viel Bedeutung in die Verse ein. Schöner sind jene Stellen, an denen Doris Runge ganz auf die Wirkung ihrer Bilder setzt: „penelope / fett geworden / vom langen warten / steuert / das gemietete auto / landeinwärts“.

Doris Runge: die dreizehnte. Gedichte. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2007. 96 Seiten, 14,95 €.

Nico Bleutge

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