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Lutz Seiler

© dpa

Ingeborg-Bachmann-Preis: Lutz Seiler siegt bei den Klagenfurter Lesetagen

Der Berliner Lutz Seiler ist Hauptsieger des mit 25.000 Euro dotierten Bachmann-Preises. Der haushoch gehandelte Favorit Peter Licht erhielt den Publikumspreis.

Heftige Debatten in der Jury und große literarische Vielfalt haben den 31. Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt geprägt. Haupt-Preisträger wurde der Berliner Lutz Seiler - er erhält 25.000 Euro Preisgeld. Der anonym auftretende Künstler Peter Licht, haushoch gehandelter Favorit, hatte mit seinem furios-temporeichen Beitrag gegenüber einem Vertreter der leisen Töne zunächst das Nachsehen. Seiler überzeugte die Jury mit einem klassisch komponierten Prosatext mit lyrischem Unterton.

In der Wahl zum Telekom Austria Preis mit 10.000 Euro gab die Jury dem Wiener Thomas Stangl den Vorzug für einen stilistisch artifiziellen Text, der in die Gedankenwelt einer Figur einführt, die in quälenden Erinnerungen gefangen scheint. Erst der mit 7500 Euro dotierte 3Sat-Preis ging an den Favoriten PeterLicht, der auch das Publikum überzeugte: Die Abstimmung über den Kelag-Publikumspreis in Höhe von 5000 Euro ging ebenfalls für den anonymen Kandidaten und seine skurril-apokalyptische Standortbestimmung "Die Geschichte meiner Einschätzung am Anfang des dritten Jahrtausends" aus.

Niveau zu hoch für herzhafte Debatten?

Den Ernst-Willner-Preis mit einem Preisgeld von 7000 Euro gewann schließlich der Berliner Jan Böttcher für seine Erzählung, die sich mit der deutschen Wiedervereinigung auseinander setzt. Die fünf Preisträger spiegeln damit sowohl in der Bandbreite der Themen als auch in der stilistischen Vielfalt den Verlauf des diesjährigen Wettbewerbs. Dabei hatte das oft als "Wettlesen" apostrophierte literarische Ringen in diesem Jahr erst nach einer Anlaufzeit zu Leidenschaft und Temperament gefunden.

Hatte in früheren Jahren mitunter mangelnde Qualität der Beiträge zu Unmut und Langeweile in der Jury gesorgt, so zeigte sich in diesem Jahr die Kehrseite der Regelung, nur noch Kandidaten einzuladen, die bereits erfolgreich publiziert hatten und eine Empfehlung eines Verlages vorweisen konnten: Bei allgemein hohem Niveau der Texte und großem handwerklichen Können der Kandidaten fehlten mitunter jene Kanten und Schwächen, die der Jury Gelegenheit für herzhafte Debatten lieferten.

"Ohne den Blödsinn wäre der Scharfsinn hier ganz schön allein"

So liefen manche Diskussionen auf reine Geschmacksurteile hinaus oder einzelne Juroren enthielten sich in den Debatten völlig ihrer Stimme. Dennoch lieferten einzelne Beiträge den Stoff für jene Grundsatzdebatten, die sich Beobachter von dem Wettbewerb erhoffen. Dort hakten die Kritiker, die sich grundsätzlich um Sachlichkeit und Fairness bemühten, umso nachhaltiger ein und amüsierten das Publikum mit feuilletonistischer Gewandtheit und scharfen Formulierungen.

Jurysprecherin Iris Radisch brachte in ihrer Abschlussrede die Ambivalenz des Wettbewerbs zwischen Anspruch und Unzulänglichkeit sowohl der Literatur als auch ihrer Kritik auf den Punkt: "Ohne den Blödsinn wäre der Scharfsinn hier ganz schön allein." (mit dpa)

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