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Laberwütig: Romandebüt von Bock etwas lang geraten

Das Romandebüt des jungen Berliners Thilo Bock: Das Setting erinnert an Hans Weingartners Film „Die fetten Jahre sind vorbei“: Drei Studenten spielen in diesem Roman Revoluzzer.

Rieke, Sebastian und Leander haben die Nase voll: nicht nur, dass das Grillen in Berliner Parks verboten wurde und Gerhard Schröder die Vertrauensfrage gestellt hat, jetzt soll auch noch das Biertrinken in der Öffentlichkeit verboten werden. Dagegen muss man vorgehen, das reicht für politische Aktionen und einen Blog, so viel Meinung will schließlich auch veröffentlicht werden. Ich-Erzähler Sebastian ist Feuer und Flamme für die Blog- Idee. Leander jedoch meint, dass Worte nicht reichen, um entscheidende Zeichen zu setzen. Für ihn sind Politiker Verbrecher, die Zeit sei reif, sich einen vorzuknöpfen. Nach viel Debattieren und Um-die-Ecke-Denken entwickelt das Trio einen Plan. Als eine echte Pistole, die angeblich einmal Andreas Baader gehört hat, ins Spiel kommt, steuert die Geschichte auf eine Katastrophe zu.

Thilo Bock zeichnet in seinem Romandebüt „Die geladene Knarre von Andreas Baader“ das Bild einer Generation, die sich wohl behütet im Schatten ihrer Vorgängergenerationen bewegt. Alles, was sie tut, ist bereits besetzt, wird zum popkulturellen Zitat. Seien es revolutionäre Gedanken, die nicht ohne RAF-Verweise auskommen, seien es kluge Sinnsprüche in Diskussionen, die aus Texten deutscher Indie-Rockbands stammen.

Bock scheint laberwütigen Studenten beim Debattieren direkt aufs Maul geschaut zu haben. Durch das Aussparen der Kennzeichnung von Absätzen und wörtlicher Rede lässt er das Gebrabbel der Mittzwanziger richtiggehend dahinplätschern. Locker geht es durch den Themenpark, Partys, Horst Köhler, Politik, Liebe, Bier, Sex. Durch die Naivität und das Verhalten seiner Figuren bekommt dieser Roman eine zynische Note: Will heutzutage überhaupt jemand für irgendetwas die Initiative ergreifen? Oder ist Reden nicht das Einfachste? Ist es nicht schöner, im Bett der Freundin zu liegen als auf einer Barrikade zu stehen?

Leider ist Thilo Bocks Roman zu lang geraten, im ersten Drittel geht seiner Handlung schon die Luft aus. Wer aber durchhält, wird zumindest mit einer unverhofften Wendung am Ende konfrontiert.

Thilo Bock: Die geladene Knarre von Andreas Baader. Roman. Kiwi-Paperback, Köln 2009. 472 S., 9,95 €.

Holger Günther

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